The Awakening

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Mit „The Awakening“ drehte Newcomer Nick Murphy einen klassischen, angenehm altmodischen Geisterfilm. Eine mutige Autorin (Rebeca Hall), die es sich zur Aufgabe gemacht hat, Scharlatane und ihren falschen Budenzauber zu enttarnen, wird darin in ein ländliches Internat gerufen. Dort soll der Geist eines vermissten Jungen sein Umwesen treiben. Was folgt, ist eine elegant inszenierte, manchmal leider etwas zu schematische Schauermär, die mehr von den Figuren als von ihren Überraschungen lebt.

Webseite: www.wildbunch-germany.de

The Awakening
GB 2011
Regie: Nick Murphy
Drehbuch: Nick Murphy, Stephen Volk
Darsteller: Rebecca Hall, Dominic West, Imelda Staunton, Lucy Cohu, Diana Kent, Isaac Hempstead Wright
Laufzeit: 107 Minuten
Verleih: Universum Film / Wild Bunch Germany
Kinostart: n.n.

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Geister gibt es nicht. Getreu diesem Leitsatz überführt die der paranormalen Welt eher kritisch gegenüber eingestellte Buchautorin Florence Cathcart (Rebecca Hall) Scharlatane und Betrüger. Auch an ein Leben nach dem Tod mag die junge, emanzipierte Frau nicht so recht glauben. Im Englang des frühen 20. Jahrhunderts, kurz nach dem Ende des so verlustreichen Ersten Weltkrieges, gehört sie mit dieser nüchternen Überzeugung zu einer kleinen Minderheit. Viele Menschen suchen gerade in dieser schweren Zeit im Glauben nach Halt und Trost. Andere flüchten wiederum zu selbsternannten Medien, die von sich behaupten, mit den Verstorbenen in Kontakt treten zu können.

Eines Tages ereilt Florence ein Hilferuf von einem abgelegenen Internat. Dort soll der Geist eines vor vielen Jahren vermissten Jungen gesehen worden sein. Die Angst unter den Schülern ist groß, so dass der verantwortungsbewusste Lehrer Mr. Mallory (Dominic West) sie um ihre Mitarbeit bei der Aufklärung der mysteriösen Vorfälle bittet. In Rockwood angekommen ist Florence zunächst fest davon überzeugt, mit rein wissenschaftlichen Methoden dem Rätsel auf die Spur kommen zu können. Doch vor allem das Verhalten des kleinen Tom (Isaac Hempstead Wright) gibt ihr weitere Rätsel auf. Nach der freundlichen Aufnahme durch die fürsorgende Hausmutter Mrs. Hill (Imelda Staunton) beginnt sie ihre Arbeit, bei der sie plötzlich und vollkommen unerwartet mit der eigenen Vergangenheit konfrontiert wird.

Als Geisterfilm alter Schule vertraut „The Awakening“ auf sein opulentes „Haunted House“-Dekor und eine bedrohliche, sorgsam aufgebaute Grundstimmung. Eine fast schon monochrome Farbgebung und die elegante Kameraarbeit, die jeden Winkel des aristokratischen Rockwood-Anwesens ehrfurchtsvoll ausleuchtet, prägen die stilistische Linie dieses klassischen Gruselstücks, das desöfteren an Werke wie „The Others“ oder „The Devil’s Backbone“ erinnert. Zu den weiteren Zutaten des weitgehend blutarmen und damit durchaus Mainstream-kompatiblen Mysterythrillers zählt der Widerstreit zwischen Glauben und Ratio. Der Zuschauer soll möglichst lange über die genaue Ursache der Erscheinungen im Unklaren gelassen werden, wobei die schließlich angebotene Erklärung einer recht populären Genrelogik folgt und keinen weiteren Interpretationsspielraum zulässt. Hier zeigt sich zugleich die größte Schwachstelle von „The Awakening“. Nach einem starken Einstieg wagen der serienerfahrene Regisseur Nick Murphy und sein Co-Autor Stephen Volk kaum einmal, den vorgezeichneten Pfad zu verlassen. Die einzelnen Elemente, aus denen sich ihr Film zusammensetzt, sind letztlich keine allzu große Überraschung.

Spannender wird es da schon bei den Figuren. Geisterentzauberin Florence ist der mit Abstand interessanteste Charakter dieser durch und durch britischen Gruselgeschichte. Sie gibt sich aufgeklärt und als eine überzeugte Anhängerin der Wissenschaft. Bereits ihre Kleidung – sie trägt keine Kleider, sondern einen für damalige Verhältnisse modischen Hosenanzug – dokumentiert ihr Selbstverständnis als moderne, emanzipierte Frau. Zu den entbehrlichen Drehbucheinfällen zählt daher die Romanze zwischen ihr und Mallory, welche die eigentliche Story nur bedingt weiterträgt und darüber hinaus den feministischen Ansatz untergräbt. Rebecca Hall beweist hier ihre Eignung im Horrorfach. Ihr einfühlsames Spiel wirkt nie zu glatt oder überzeichnet. Unterstützung erhält sie von einem souveränen Ensemble, das „The Awakening“ am Ende noch über den Durchschnitt seines Genres hinaushebt.

Marcus Wessel

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