We steal secrets – Die Wikileaks-Geschichte

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Alex Gibneys Dokumentarfilm ist nicht nur die Geschichte vom Aufstieg und Fall des Julian Assange. In gleichen Teilen erzählt er mit den Stilmitteln eines politischen Thrillers von Bradley Manning, jenem US-Soldaten, der hunderttausende Geheimdokumente an die Enthüllungsplattform weiterreichte und seitdem im Gefängnis sitzt. In über zwei Stunden Spiellänge kommen ehemalige Wikileaks-Mitarbeiter, frühere CIA-Chefs und natürlich auch Assange zu Wort. Ein packender Film, der kaum aktueller sein könnte.

Webseite: www.we-steal-secrets-film.de

USA 2013 - Dokumentation
Regie: Alex Gibney
Länge: 130 Minuten
Verleih: Universal
Start: 11.7.2013

PRESSESTIMMEN:

"...kommt gerade zur rechten Zeit ins Kino."
ARD Tagesthemen

"Sehenswert."
DER SPIEGEL

"Der Verräter-Held Edward Snowden ist ohne das Vorbild Julian Assange kaum denkbar. Im Filmporträt 'We Steal Secrets' nähert sich Alex Gibney dem Wikileaks-Gründer und bietet erhellende Einsichten - und dazu viel unbekanntes Material."
DER TAGESSPIEGEL

FILMKRITIK:

Der Mann hat eine gewisse Strahlkraft, das kann man nicht leugnen. Julian Assange, weißhaariger IT-Experte und Gründer von Wikileaks, umgibt jene wunderbar komplexe Aura, die ihn sowohl an einen finsteren James-Bond-Bösewicht, gleichzeitig aber auch als sanftmütigen Yoga-Lehrer erscheinen lässt. Gut, böse, sensibel oder sensationell: In Alex Gibneys Dokumentarfilm ist Julian Assange von allem ein bisschen. Einmal wird er mit John Lennon verglichen und als Held verehrt, das andere Mal als empfindliches Genie interpretiert, den inmitten des Blitzlichtgewitters irgendwann das richtige Augenmaß verloren hat. Filmemacher Gibney, der 2007 in seiner Doku „Taxi to the Dark Side“, die Folterpraktiken des US-Militärs anhand eines afghanischen Taxifahrers beschrieb, entwickelt während seines über zwei Stunden langen Films keine eindeutige Haltung zu Assange: Für ihn ist er der gefallene Held, der am Ende über ein geplatztes Kondom stolperte.

Klingt merkwürdig, aber Gibney beleuchtet tatsächlich detailliert Assanges Tête-à-tête mit zwei schwedischen Wikileaks-Anhängerinnen, die mit etwas Verzögerung Anzeige gegen ihn wegen versuchter Vergewaltigung erstatten und damit den Eindruck erweckten, ihn zum Opfer eines gezielten Komplotts zu machen. Der Journalist einer großen schwedischen Tageszeitung will nach eigenen Worten quasi „dabei gewesen“ sein und spricht davon, wie der Internet-Guru „die Früchte seines Ruhmes ernten wollte“. Oder wurde Assange stattdessen Opfer von Sex-Spionninen, die vom CIA beauftragt wurden? Dieser Gedanke wurde weltweit populär, als der Wikileaks-Gründer im Herbst 2010 zum ersten Mal Asyl in der ecuadorianischen Botschaft erbittet, um nicht von den englischen Behörden nach Schweden ausgeliefert zu werden. Es ist eine sonderbare Geschichte, die sich chronologisch an Assange abarbeitet – und irgendwann in der Sackgasse landet, weil sie über den Mythos „Assange“ letztlich nur spekulieren, aber nicht dekonstruieren kann.

Von deutlich schonungsloserer Dramatik zeugt dagegen das Schicksal des Mannes, der Assange überhaupt erst seine Popularität ermöglichte. Der US-Soldat und Computerexperte Bradley Manning wird Zeuge, als ein Apache-Hubschrauber in Bagdad eine Gruppe Zivilisten ohne jegliches Motiv erschießt. Die Off-Kommentare des Piloten und des zuständigen Kommandanten suggerieren den Eindruck, als würden sich gelangweilte Jugendliche einem Videospiel hingeben. Mission accomplished, auf zum nächsten Level. Manning vertraut sich über das Chatprogramm des Internetanbieters AOL einer fremden Person in den USA an und beichtet, dass er hunderttausende Geheimdepeschen, Protokolle und Dokumente an Wikipedia überliefern wird. Was er nicht weiß: Sein Gesprächspartner liefert ihn ans Messer und verpfeift ihn ans FBI. Seit Mai 2010 sitzt der „Whistleblower“ Manning im Gefängnis. Zahlreiche Menschenrechtsorganisationen haben bereits gegen die Haftbedingungen demonstriert. Erst im Juni 2013 begann der offizielle Prozess gegen den 25-Jährigen vor einem US-Gericht. Dieser Film, wie auch der jüngst offengelegte Skandal um das Abhörprogramm „Prism“, werden die Welt wieder ein Stück mehr politisch sensibilisieren.

David Siems