Weg nach Mekka, Der – Die Reise des Muhammad Asad

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Einem faszinierenden Leben spürt Georg Misch in seiner Dokumentation nach. Er schildert, wie der in der heutigen Ukraine geborene Jude Leopold Weiss zum Islam konvertierte, als Muhammad Asad wichtige Bücher zum Verständnis der Religionen schrieb, bei der Gründung des islamischen Staates Pakistans half und schließlich UN-Botschafter wurde. Ein reichhaltiger Film über einen faszinierenden Menschen, der heute, 16 Jahre nach seinem Tod, fast in Vergessenheit geraten ist.

Webseite: www.mindjazz-pictures.de

Regie: Georg Misch
Buch: Georg Misch
Kamera: Joerg Burger
Schnitt: Marek Kralovsky
Musik: Jim Howard
Dokumentation
Österreich 2008, 92 Minuten, Format: 1:1,85
Verleih: Mindjazz Pictures
Kinostart: 27. November

PRESSESTIMMEN:

...auf film-zeit.de


FILMKRITIK:

Einem faszinierenden Leben spürt Georg Misch in seiner Dokumentation nach. Er schildert, wie der in der heutigen Ukraine geborene Jude Leopold Weiss zum Islam konvertierte, als Muhammad Asad wichtige Bücher zum Verständnis der Religionen schrieb, bei der Gründung des islamischen Staates Pakistans half und schließlich UN-Botschafter wurde. Ein reichhaltiger Film über einen faszinierenden Menschen, der heute, 16 Jahre nach seinem Tod, fast in Vergessenheit geraten ist.
Der spätere Muhammad Asad wurde im Jahre 1900 als Leopold Weiss in der damals zu Österreich, heute zur Ukraine gehörenden Stadt Lemberg geboren. Unter seinen Vorfahren befanden sich viele Rabbiner, dementsprechend streng religiös wurde Weiss erzogen. Schon früh jedoch begann er sich von der jüdischen Religion zu lösen und fand während ersten Reisen in den Nahen Osten, die ihn Anfang der 20er Jahre nach Palästina führten, den Weg zum Islam. 1926 konvertierte er und nannte sich fortan Muhammad Asad, wobei Asad die Übersetzung von Löwe war, somit ein direkter Bezug zu seinem Taufnamen Leopold. Kurz nach der Konvertierung unternahm er seine erste Pilgerreise nach Mekka, ganz traditionell auf einem Kamel. Seine Reisen, die er in journalistischen Artikeln und später in Büchern verarbeitete, führten ihn durch weite Teile der arabischen Welt und der südlichen Sowjetrepubliken. Seine Sympathien für Befreiungsorganisationen führten Asad schließlich nach Indien, wo er sich für die Schaffung eines islamischen Staates, dem späteren Pakistans einsetzte. Für Pakistan trat er kurzfristig in den diplomatischen Dienst ein, tritt 1952 aber von seinem Posten zurück. Fortan widmet er sich dem Schreiben, in erster Linie einer Koranübersetzung frei von Vorurteilen, die er nach Jahrelanger Arbeit abschließt. Auch heute noch wird diese Übersetzung von weiten Teilen der Islamwissenschaft als die akkurateste Übersetzung angesehen. 1992 schließlich, stirbt Muhammad Asad in Andalusien.

Das Muhammad Asad ein reiches, komplexes Leben führte ist augenscheinlich und so verwundert es kaum, dass sich Georg Mischs Film bisweilen im Eiltempo durch die Stationen bewegt. Wo kein wichtiges Ereignis ausgelassen werden soll, jede Stadt, in der Asad längere Zeit verbrachte, besucht werden soll, reicht die Zeit in einem kaum 100 Minuten langen Film eben oft nur für ein kurzes Gespräch mit einem Zeitzeugen, bevor die Reise weiter geht. Die intellektuelle Bedeutung Asads, seine vielschichtigen, oft auch sehr umstrittenen Gedanken, etwas zur Frage des Zionismus, seine Sympathien mit sozialistischen Ideen, werden kaum mehr als angedeutet. Immer wieder sieht man zwar Menschen in der arabischen Welt, die Asad offenbar kennen, bereitwillig seine Bücher aufzählen und zeigen, dass sie ihn bewundern, doch warum das so ist wird nur angedeutet.

Immer wieder blendet Misch Zitate aus Asads Schriften ein, die seinen Weg zum Islam beschreiben, seine Ansicht, dass der Islam eine prinzipiell friedfertige Religion ist, die von radikalen Kräften missbraucht wird. Gerade in der heutigen Welt, sieben Jahre nach 9/11, ist solch eine Stimme, die sich nicht nur oberflächlich mit dem Islam beschäftigt, sondern zu ergründen sucht, was möglicherweise die ursprüngliche Intention des Koran war, enorm wichtig. Misch suggeriert, das Asad solch eine Bedeutung haben könnte, das eine Beschäftigung mit seinen Gedanken und Schriften, zu einem besseren Verständnis der Religionen beitragen könnte. „Der Weg nach Mekka“ ist ein guter Anlass die fast vergessene Person Muhammad Asad, neu zu entdecken.

Michael Meyns

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Ursprünglich hieß er Leopold Weiss, wurde um 1900 geboren und entstammte einer jüdischen Familie. Lemberg war der Geburtsort, die Ukraine gehörte seinerzeit zum k.u.k.-Reich.

In den 20er Jahren schon kam er zu der Überzeugung, dass der Judaismus, „die Religion eines Halbnomadenvolkes“, nicht das einzig Wahre sein könne. Im Islam sah er mehr Heil und Freiheit. „Der Weg nach Mekka“ ist sein berühmtestes Buch. 

Er wurde ein glühender Muslim und nannte sich fortan Muhammad Asad; bereiste mit kaum mehr als 20 Jahren Palästina  - das auch gezeigt wird, wie es heute ist mit Flüchtlingscamps und israelischer Grenzmauer; hielt sich jahrelang in Saudi-Arabien auf, nachdem er auf dem Kamel nach Mekka gepilgert war; wurde zum Berater und Freund des saudischen Königs; galt und gilt noch immer – auch in den Kommentaren heutiger Politiker und Journalisten - als einer der fortschrittlichsten Denker des Islam; fertigte eine wegweisende Koran-Übersetzung; überwarf sich mit den orthodoxen Muslimen; setzte sich nach Pakistan ab und half dort den islamischen Staat zu gründen, indem er einen Teil der Verfassung schrieb; war Botschafter des Landes bei der UNO, bis er von den eigenen Leuten ausgebootet wurde; bekam Heimweh nach der westlichen Welt und zog nach New York, wo der Film u.a. am Ground Zero Station macht; lebte später lange in Marokko, wo ein großer Teil der Koran-Übersetzung zustande kam; und starb in hohem Alter einsam in Spanien.

Muhammad Asad war ein tiefgreifender theologischer Denker, aber auch ein Träumer, ein Idealist, aber auch ein Abenteurer, ein Visionär, aber auch ein Naiver. „Schon früh erkannte er die tiefe Kluft zwischen westlicher und muslimischer Welt, die heute vielen globalen Konflikten zugrunde liegt. Seine Einsichten könnten zu einer Annäherung der Kulturen inspirieren.“ (Filmbegleitmaterial). Das trifft voll und ganz zu. Leopold Weiss’ Stiefbruder meinte gar, Muhammad Asad hätte zum „Luther des Islam“ werden können.

Der Österreicher Georg Misch hat zu alledem wichtiges Kommentar-, Archiv- und Bildmaterial zusammengetragen, eine Fülle an Informationen, beispielsweise auch über die Entfernung der Fundamentalisten und Terroristen vom wahren Islam oder die verzerrte Wahrnehmung der muslimischen Welt im Westen. Misch bereiste dafür wie weiland Asad Israel, Palästina, Saudi-Arabien mit Mekka und seinem riesigen Pilgerumtrieb, das heutige politisch und religiös zerrissene Pakistan, New York, Marokko und schließlich Spanien.

Ein charakteristisches Zitat Asads aus seinen letzten Lebensjahren: „Uns wurde mit dem Koran die beste Leitlinie gegeben. Und mit dem Propheten der beste Führer – und was haben wir daraus gemacht? Wir sind heute das Allerletzte. Wir. Ich sage immer wir, denn ich kritisiere die Gemeinschaft, weil ich sie so liebe.“ 

Im Bild (und Verständnis) des problematischen Verhältnisses zwischen der westlichen und islamischen Welt ist dieser Film zweifellos ein wichtiger Mosaikstein.

Thomas Engel