Paddington

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Bereits 1958 ließ der britische Kinderbuchautor Michael Bond den kleinen Bären „Paddington“ in sein erstes Abenteuer aufbrechen. Seitdem wurden die Geschichten weltweit millionenfach verkauft und in über 40 Sprachen übersetzt. Unter der Aufsicht von „Harry Potter“-Produzent David Heyman gibt der tollpatschige und dabei so liebenswerte Paddington nun endlich sein lang erwartetes Kinodebüt. Der Film, der für Zuschauer jeden Alters funktionieren dürfte, bietet eine temporeiche Handlung, einen grandios animierten Hauptdarsteller und viel warmherzigen Humor. Als skrupellose Tierpräparatorin brilliert zudem Hollywood-Star Nicole Kidman. Ein ganz großer Spaß!

Webseite: www.paddington.com/de

UK/F 2014
Regie: Paul King
Drehbuch: Paul King nach den Kinderbüchern von Michael Bond
Produzent: David Heyman
Darsteller: Elyas M’Barek (deutsche Stimme Paddington), Sally Hawkins, Hugh Bonneville, Nicole Kidman, Peter Capaldi, Samuel Joslin, Julie Walters
Laufzeit: 95 Minuten
Verleih: StudioCanal
Kinostart: 4.12.2014
 

FILMKRITIK:

Wenn wilde Tiere auf unsere Zivilisation treffen, dann entstehen daraus meist nur schwer lösbare Konflikte. King Kong, der aus dem Dschungel nach New York verschleppt wurde, wird das bestätigen können. Aus eigenem Antrieb – wenngleich ebenfalls nicht wirklich freiwillig – verschlägt es den kleinen Bären Paddington (deutsche Stimme: Elyas M’Barek) aus dem „finsteren Peru“ in das hektische London. Dort sucht er nach dem Forscher, der einst bei einer Expedition im peruanischen Regenwald auf seine bärischen Vorfahren stieß. Doch das scheint leichter gesagt als getan. Zunächst strandet Paddington ziemlich überfordert und mutterseelenallein an der gleichnamigen Londoner Bahnstation, wo er schließlich den Browns auffällt, einer ziemlich normalen Londoner Familie. Während Mrs. Brown (Sally Hawkins) den kleinen Abenteurer sofort in ihr Herz schließt, kann sich ihr Gatte (Hugh Bonneville) zunächst nicht so recht mit der Idee eines Bären in den eigenen vier Wänden anfreunden.
 
Mit „Paddington“ wurde nun ein weiterer Klassiker der Kinderbuchliteratur als Mix aus Real- und Animationsfilm neu aufgelegt. Dabei erstaunt, dass der kleine Bär mit dem blauen Dufflecoat und dem roten Hut nicht schon früher die weltweiten Kinoleinwände eroberte. Immerhin sind seit seinem ersten Auftritt im Kinderbuch „Unser kleiner Bär“ bereits 56 Jahre vergangen. Obwohl zwischenzeitlich eine durchaus erfolgreiche Zeichentrickserie auch hierzulande ausgestrahlt wurde, gab erst jetzt Paddingtons „Schöpfer“, der britische Autor Michael Bond, sein Einverständnis für das Kinoprojekt. Offenbar war Bond davon überzeugt, dass sein pelziger Held bei den Produzenten von „Harry Potter“ in guten Händen sei. Der Film gibt ihm Recht. Sein Paddington sollte rasch zum absoluten Publikumsliebling avancieren und Kinogänger jeden Alters verzaubern. Für 90 Minuten dürfen Eltern wieder Kind sein und Kinder die Welt aus den Augen des kleinen, neugierigen Paddington entdecken. Die Fülle an witzigen Anekdoten über den modernen Großstadtbewohner im Allgemeinen sowie den Londoner im Speziellen wäre bereits für mehrere Kinoabenteuer ausreichend. Hinzu kommen liebevolle Albernheiten und actionreicher Slapstick, bei dem die Interaktion der Schauspieler mit ihrem digitalen Kollegen kaum besser hätte getimt sein können. Die Sequenz, in der Paddington die halbe Wohnung der Browns unfreiwillig unter Wasser setzt, ist hierfür nur ein von gleich mehreren Beispielen.
 
Auch Hollywood-Star Nicole Kidman darf an der Seite des kleinen Bären in die Fußstapfen einer gewissen Cruella De Vil treten. Als gerissene Tierpräparatorin gibt sie mit hinreißenden Overacting die böse Hexe in diesem modernen und temporeich erzählten Märchen, das nicht nur zur Vorweihnachtszeit funktioniert. An ihrer Seite agieren „Doctor Who“-Star Peter Capaldi, Sally Hawkins und der aus „Downton Abbey“ bekannte Hugh Bonneville mit ebenso großer Spielfreude. Vor allem Bonneville gelingen hierbei immer wieder großartige Momente, in denen er gleich mehrere Rollenwechsel vollziehen darf. Der tollpatschige, dabei umso liebenswerterer Paddington ist hingegen das Ergebnis meisterhafter Animationskunst. Sowohl sein dichtes, je nach Lichteinfluss changierendes Fell als auch seine ausdrucksstarke Mimik erscheinen meist täuschend echt. Und so liegt zwischen ihm und seinem Artgenossen „Yogi Bär“ (2010) mehr als nur eine Animationswelt.
 
Das Schönste an „Paddington“ ist aber trotz aller handwerklicher Perfektion die überall verständliche Botschaft seiner „Fisch-out-of-Water“-Geschichte. Gestrandet in einer für ihn völlig fremden Welt findet der Außenseiter hier mit etwas Glück ein neues Zuhause bei Menschen, die sich um ihn kümmern und sich in sein Anderssein verlieben. Wer darin nicht den Geist der Weihnacht entdeckt, sollte frei nach Saint-Exupéry besser einmal die Funktionstüchtigkeit seines Herzens überprüfen lassen.
 
Marcus Wessel