Itzhak Perlman – Ein Leben für die Musik

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Der weltberühmte Violinvirtuose führt gutgelaunt durch sein Biopic, das eine einzige Liebeserklärung ist: an das Leben und an die Musik. Zu Interviews mit den wichtigsten Menschen in seinem Leben – vor allem mit seiner Frau Toby – gibt es einen bunten Bilderreigen aus seiner langen Karriere und aus seinem Privatleben. Für Klassikfans, aber auch generell für musikalisch Interessierte ist der Film eine wahre Fundgrube: Es gibt viele aktuelle und ältere Aufnahmen mit dem großen Künstler quer durch verschiedene Musikrichtungen. Dank des charmanten Protagonisten und seiner Leidenschaft für die Musik wird aus der gut gemachten kleinen Dokumentation ein unterhaltsames Kinoerlebnis.

Webseite: arsenalfilm.de

Dokumentarfilm
USA 2018
Regie und Buch: Alison Chernick
Kamera: Chris Dapkins, Christopher Gallo, Daniel Kedem, Mikko Timonen
83 Minuten
OmU
Verleih: ARSENAL Filmverleih
Kinostart: 9. August 2018

FILMKRITIK:

Alison Chernick begleitet den Vollblutmusiker fast ein ganzes Jahr um die halbe Welt. Im Vordergrund steht dabei das Hier und Jetzt, denn Itzhak Perlman gibt nach wie vor Konzerte und engagiert sich zusätzlich vielfältig als Musikpädagoge und in Sozialprojekten. Doch es bleibt auch genügend Zeit für den Blick in die Vergangenheit: Seine Kindheit in Tel Aviv, sein frühes musikalisches Talent, die Polio-Erkrankung mit vier Jahren, der Umzug nach New York und die ersten großen Auftritte, der Karrierestart und die Familiengründung … So wie der schwer körperbehinderte Virtuose sein Leben dirigiert, so meistert er auch diesen Film. Und schnell ist zu merken: Dieser Künstler ist ein echtes kommunikatives Multitalent, überall beliebt und überall gefragt. Ob in seiner alten Heimat Israel oder in den USA, ob auf Konzertreise oder privat unterwegs – er ist ständig im Einsatz, ohne dabei ruhelos oder hyperaktiv zu wirken. Einfach ein sehr sympathischer älterer Mann mit einer unglaublich positiven Ausstrahlung. Seine Frau Toby und seine Violine sind immer dabei. Auch seine Familie spielt eine große Rolle. Sogar wenn er zu Hause probt, ist er umgeben von den Fotos seiner Lieben. Sobald der alte Herr die Violine zur Hand nimmt – eine mehr als 300 Jahre alte Stradivari, die einst Yehudi Menuhin gehörte –, verändert sich sein Gesichtsausdruck, und schon wird die große Leidenschaft sichtbar, mit der Itzhak Perlman für seine Kunst lebt. In Proben und Konzertmitschnitten lässt sich gut beobachten, mit welcher Perfektion und Sensibilität der Künstler ans Werk geht. Dies wird besonders bei der Zusammenarbeit mit Kindern und Jugendlichen deutlich.
 
Sehr leicht, oft regelrecht vergnüglich präsentiert Itzhak Perlman seine Geschichte, manchmal mit schönem Galgenhumor, aber meist einfach sehr liebenswürdig. Er erzählt so lebhaft und lebendig, dass zusätzlich weder ein Kommentar noch eine Moderation notwendig sind, worauf Alison Chernick auch folgerichtig verzichtet hat. Sie zeigt den abwechslungsreichen Alltag des Künstlers, der offenbar überall auf der Welt zu Hause ist. Das Publikum begleitet ihn zum Geigen-Check in der Violinen-Werkstatt, aber auch zu öffentlichen Veranstaltungen. Itzhak Perlman ist ein großer Baseball-Fan, sein Lieblingsverein sind die New York Mets. Die Kamera ist dabei, wenn Itzhak Perlman mit seinem Freund Alan Alda kocht und diskutiert – der Schauspieler erkrankte als Kind ebenfalls an Polio. Mit Billy Joel verbindet ihn ebenfalls eine enge Freundschaft, und Itzhak Perlman spielt gern Songs von ihm auf der Violine. Mit am schönsten sind die spontanen Mini-Konzerte in allen Musikrichtungen. Nur sehr beiläufig ist zu sehen, was Itzhak Perlman auf sich nimmt, um trotz seiner Behinderung so beweglich zu bleiben. Mit Hilfe seines Elektro-Rollstuhls, sehr viel Geschick und nicht zuletzt dank seines Charmes gelingt es ihm, diese Einschränkungen herunterzuspielen. Allein die Grenzkontrollen bei der Einreise müssen jedes Mal eine Tortur für ihn sein.
 
Ebenfalls eine wichtige Rolle im Leben wie im Film spielt Itzhak Perlmans Frau Toby, mit der er vor 2017 Goldene Hochzeit feiern durfte. Sie verliebte sich in den 17-Jährigen bei einem seiner Konzerte, ging in seine Garderobe, stellte sich vor und machte ihm spontan einen Heiratsantrag … Wer ihn spielen hört, wird sie sofort verstehen.
 
Gaby Sikorski