Le Mans 66 – Gegen jede Chance

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Es war der Konflikt zweier großer Autobauer - Ford versus Ferrari. Der eine dominierte den Rennsport mit seinen Autos, der andere wollte ihn vom Thron stoßen. Weil das gute Werbung für die eigene Autoproduktion war, aber auch, weil sich Henry Ford II. persönlich von Enzo Ferrari beleidigt fühlte. Es sind diese ehrlichen Gefühle, die den Film von James Mangold über die Ziellinie bringen, weil sie der rasanten Geschichte um den Wettkampf beim 24-Stunden-Rennen von Le Mans ein Fundament verleihen.

Webseite: www.LeMans66.de

Ford v Ferrari
USA 2019
Regie: James Mangold
Buch: Jez Butterworth, John-Henry Butterworth, Jason Keller
Darsteller: Matt Damon, Christian Bale, Caitriona Balfe, Josh Lucas
Länge: 150 Minuten
Verleih: Fox
Kinostart: 14. November 2019

FILMKRITIK:

Zu Beginn der 1960er Jahre gilt Ford in den USA nicht mehr als cool. Die Verkäufe brechen ein, Marketing-Boss Lee Iacocca (Jon Bernthal) hat jedoch die Idee, dass man in den Rennsport einsteigen und so die Coolness erlangen könnte, die für den Verkauf hilfreich ist. Aber im Rennsport dominiert Enzo Ferrari mit seinen hochmotorisierten und exzellenten Sportwägen. Darum hat das Ford-Team allenfalls eine Außenseiter-Chance – und das auch, als mit Carroll Shelby (Matt Damon) ein ehemaliger Rennfahrer und exzellenter Sportwagen-Designer und mit Ken Miles (Christian Bale) ein zwar schwieriger, aber auch begnadeter Rennfahrer rekrutiert wird. Denn Shelby und Miles entwickeln zwar einen Wagen, mit dem man Ferrari herausfordern kann, sie müssen aber dafür nicht nur jede Menge von der Chefetage ausgelöste Hindernisse überwinden, sondern auch bis an die Grenzen des physikalisch Möglichen gehen.
 
Die Besetzung in James Mangolds Film ist hervorragend, Christian Bale überstrahlt aber wie so oft alle anderen. Einerseits, weil seine Figur mehr Tiefgang besitzt, da anders als bei allen anderen Protagonisten der Geschichte auch auf seinen persönlichen Hintergrund eingegangen wird, andererseits, weil man hier jemanden hat, der sich selbst der größte Feind ist, weil er vieles, aber kein Teamspieler ist. Ein Umstand, dem das Finale von „Le Mans 66“ mit einer so packenden wie überraschenden Sequenz Rechnung trägt.
 
Bale, dessen Figur hier gegen die Fahrer der Ferrari-Boliden antritt, hätte um ein Jahr Enzo Ferrari selbst gespielt. Er sollte nächstes Jahr in Michael Manns „Ferrari“ als Gründer der Automarke zu sehen sein, gab die Rolle jedoch ab, da er sich unsicher war, ob er die körperliche Veränderung hinbekommt. Für seine Rolle als Dick Cheney in „Vice“ hatte er sehr viel zugenommen, für „Le Mans 66“ musste er innerhalb eines halben Jahres wieder gut 35 Kilogramm verlieren. Bale ist für ein derart straffes Regiment gegen sich selbst bekannt, gesund sind die extremen körperlichen Veränderungen, die er in den letzten Jahren häufig vorgenommen hat, aber sicherlich nicht. Als Rennfahrer Ken Miles ist er wieder sehr schlank und drahtig, aber auch enorm energiegeladen.
 
Da können alle anderen Ensemble-Mitglieder nicht mithalten, zumal etwa Matt Damon keine besonders dankbare Rolle hat. Er bekommt aber auch Momente, in denen er glänzen kann, etwa, als er Henry Ford II. erklärt, wessen Schuld es ist, dass Ford bei seinem ersten Einsatz in Le Mans gegen Ferrari verloren hat. Der Film konzentriert sich stark darauf zu zeigen, wie in einem großen Konzern Kräfte wirken, die einander aushebeln. Shelby und Miles könnten Rennen gewinnen, der von Josh Lucas gespielte Manager Leo Beebe ist jedoch die antagonistische Kraft, die verheerender wirkt als das herausragende Auto-Design von Ferrari. Es mag sein, dass Lucas‘ Rolle besonders unsympathisch angelegt ist, sie ist aber notwendig, um echte Konflikte in die Handlung einfließen zu lassen.
 
Diese sind schließlich der Unterbau von „Le Mans 66“, der ansonsten sehr geradlinig vom Konflikt von Ford und Ferrari erzählt, der im Grunde aus einer persönlichen Kränkung heraus seinen Anfang nahm.
 
Visuell ist „Le Mans 66“ eine Pracht. James Mangolds Film lässt die 1960er wiederauferstehen, punktet aber auch bei den hochdramatischen Rennszenen, die dem Zuschauer auch ein Gefühl dafür geben, was es heißt, mit mehr als 300 Km/h über die Straße zu donnern. Alles in allem ein sehr gefälliger Film, der nicht nur Rennsportfans zu unterhalten versteht.
 
Peter Osteried