Cash Truck

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Guy Ritchies neuestes Projekt ist ein Remake des französischen Films „Cash Truck – Der Tod fährt mit“ aus dem Jahr 2004. Damals spielte Jean Dujardin mit, bei Ritchie ist es sein alter Kumpel Jason Statham. Er gibt den wortkargen und mysteriösen H, der für ein Unternehmen tätig ist, das große Mengen Geld transportiert. Als der Transporter überfallen wird, zeigt H, was er wirklich kann. Aber was will der Mann wirklich? Die Frage beantwortet Ritchie in einem angenehm verschnörkelten Film, der häufiger die Erzählperspektive wechselt. Sein nach „Revolver“ erster gänzlich in den USA spielender Film spielt nicht in der Klasse von „The Gentlemen“, gut ist er aber schon.

Website: www.studiocanal.de/kino/cash_truck

Wrath of Man
USA 2021
Regie: Guy Ritchie
Buch: Nicolas Boukhrief, Eric Besnard, Guy Ritchie
Darsteller: Jason Statham, Holt McCallany, Jeffrey Donovan, Josh Hartnett, Scott Eastwood
Länge: 119 Minuten
Verleih: StudioCanal
Kinostart: 22. Juli 2021

FILMKRITIK:

H (Jason Statham) arbeitet erst seit einem Monat für eine Geldtransportfirma. Als der Transporter überfallen wird, erweist sich H als Mann mit unerwarteten Talenten. Im Alleingang schaltet er die Räuber aus. Das trägt noch zum mysteriösen Ambiente des wortkargen Mannes bei, denn eigentlich ist er viel zu gut für einen Job wie diesen. Aber wieso ist er dann hier? Was will er wirklich?

Für Guy Ritchie ist „Cash Truck“ ein ungewöhnlicher Film. Er setzt nicht auf Humor, er ist auch weniger elaboriert. Im Kern ist dies eine simple Rache-Geschichte, die nur deswegen an Komplexität gewinnt, weil Ritchie mitten ins Geschehen einsteigt und dann mit Rückblicken zeigt, wer seine Figuren sind und was sie an diesen Punkt der Geschichte gebracht hat. Wie die Kollegen von Jason Stathams Figur fragt man sich als Zuschauer, wer H eigentlich ist. Anders als sie hat man eine Ahnung, die nicht durch den Film genährt wird, sondern einzig und allein der Wahrnehmung Stathams zu verdanken ist. Man hat ihn derart oft in harten Actionrollen gesehen, dass man weiß, was seine Figuren können. Dies ist Metafiction der feinsten Art, und zieht dem Zuschauer dennoch den Boden unter den Füßen weg.

Denn echte Helden gibt es in „Cash Truck“ nicht. Das merkt man bald. Hier geht es nur um die Abstufungen dessen, was man als böse wahrnimmt. Ritchies neuer Film spielt in einem Moloch der Verkommenheit, bei dem man sich im Grunde nur zwischen Pest und Cholera entscheiden kann, was die Identifikation mit den Protagonisten betrifft. Was Ritchie mit diesem intensiven Remake abgeliefert hat, ist ein Film, der sich die Geschichte zu Eigen macht. Er funktioniert als Remake so gut, weil er der Geschichte neue Facetten abgewinnt, aber auch, weil das größere Budget dem Regisseur erlaubt, weit verspielter zu wirken. Schon in der ersten Szene entscheidet sich Ritchie für einen Kamerawinkel, der ungewöhnlich ist und dem Zuschauer nur einen Teil des Geschehens offenbart. Ein cleverer Schachzug, weil dieselbe Szene aus anderem Blickwinkel später noch einmal besucht wird.

Der Film ist in Kapitel unterteilt, die Titel sind häufig so bedeutungsschwanger wie der Originaltitel des Films, der ein direktes Zitat aus der Bibel ist: „Denn des Menschen Zorn tut nicht, was vor Gott recht ist.“ Das bringt die Essenz des Films auf den Punkt. Die alles überragende Emotion ist Zorn, eine unbändige Wut, gepaart mit dem Sinnen nach Vergeltung – das alles treibt H an und macht ihn zu einer wahrhaft tragischen Figur. Denn was er auch tut, am Ende wird es nichts ändern und er sich leer und ausgebrannt fühlen. Ein anderes Zitat würde auch gut auf den Film passen. Nicht aus der Bibel, sondern vom chinesischen Philosophen Konfuzius: „Wer auf Rache aus ist, der grabe zwei Gräber.“

Peter Osteried