Das Mädchen mit den goldenen Händen

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Die Theater- und Kinoschauspielerin Katharina Marie Schubert debütiert als Regisseurin und Autorin mit „Das Mädchen mit den goldenen Händen“. Zuvor hat sie sich nur an einem Kurzfilm versucht. Ihr Langdebüt ist ein stilles Drama zur Jahrtausendwende in der ehemaligen DDR, in der ein altes Kinderheim verkauft werden soll, die dort aufgewachsene Gudrun es aber bewahren will. Das steht sinnbildlich für den Konflikt des Alten mit dem Neuen und der ständigen Veränderung, die das Leben nun mal bestimmt.

Website: https://www.wildbunch-germany.de/movie/das-maedchen-mit-den-goldenen-haenden

Deutschland 2021
Regie + Buch: Katharina Marie Schubert
Darsteller: Corinna Harfouch, Birte Schnöink, Peter René Lüdicke, Jörg Schüttauf
Länge: 107 Minuten
Verleih: Wild Bunch Germany
Kinostart: 17.02.2022

FILMKRITIK:

Ein kleines Provinzstädtchen im Osten des Landes im Jahr 1999. Es war eine Zeit der Umbrüche, die die einen mehr, die anderen weniger gut überstanden haben. Gudrun feiert ihren 60. Geburtstag, als sie erfährt, dass das alte verfallene Herrenhaus, das zu DDR-Zeiten als Kinderheim gedient hat, in dem auch sie aufgewachsen ist, verkauft werden soll. Gudrun möchte das Anwesen retten und einem neuen Zweck zuführen. Derweil sucht auch ihre Tochter nach einem Stück Vergangenheit. Sie will endlich wissen, wer ihr leiblicher Vater ist, aber ihre Mutter schweigt eisern.

Schubert unterteilt die Geschichte in drei Kapitel – jedes ist einer Figur vorbehalten. Erst Gudrun, dann ihrer Tochter Lara, dann Werner. Die jeweilige Konzentration auf eine Figur bringt naturgemäß ein In-den-Hintergrundtreten der anderen Protagonisten mit sich, auch sie sind aber noch Teil der Geschichte, die sich langsam entfaltet und immer weiter auffächert.

„Das Mädchen mit den goldenen Händen“ ist in grauen Farben gehalten. Der Film wirkt kalt, ein wenig trist, ein wenig verloren, so wie sich mancher wohl auch in den Gebieten der ehemaligen DDR damals gefühlt haben mag. Es ist eine schwierige Geschichte, die Schubert erzählt. Eine, die nie so genau weiß, ob es nun Wehmut oder Nostalgie ist, mit der auf die Vergangenheit geblickt wird. Die Erinnerung ist gülden, aber ihr inhärent ist der Umstand, dass alles längst vergangen ist. Man kann sich an diese Erinnerungen klammern, man kann sich dem Gefühl der Nostalgie ganz und gar hingeben, aber damit einher geht immer auch etwas Bittersüßes.

Weil sich auch nichts mehr ändern lässt. Vielleicht auch deswegen sind die Erinnerungen an frühere Erlebnisse umso süßer, weil wir sie verfälschen und verändern, weil wir die rosarote Brille aufsetzen und die Dinge, die unschön und vielleicht sogar beängstigend waren, einfach ausblenden. So ergeht es auch Gudrun, die an die Zeit im Kinderheim mit einem wohligen Gefühl zurückdenkt. Darum will sie dieses Haus retten, aber ergibt es wirklich noch Sinn, diesem alten Gemäuer neues Leben einhauchen zu wollen?

Oder sollte der Blick nicht eher nach vorne gerichtet werden? Doch auch dem wird Gudrun gerecht, denn sie will das Haus zu einem Gemeinde- und Begegnungszentrum für die Einwohner der Stadt machen, ohne sich zu fragen, ob das wirklich gebraucht oder benötigt wird.

Dennoch kann man sie verstehen. Das Festhalten an dem, was war, ist nur menschlich. Es zeichnet uns alle aus. Darum fühlt man sich in diesem Film auch verstanden, denn jeder hat im Leben etwas, das dem entspricht, was dieses alte Haus für Gudrun ist.

Peter Osteried