Drop Out – Nippelsuse schlägt zurück

Zum Vergrößern klicken

Filme abseits der Fördersysteme haben es in Deutschland schwer, ein wirkliches Underground-Kino gibt es nicht mehr, noch weniger als früher. Wie experimentelles Kino aussehen kann zeigt die Wiederaufführung von „Drop Out – Nippelsuse schlägt zurück“ von  Beatrice Manowski. Kein im herkömmlichen Sinn guter Film, stattdessen ein Dokument der späten 90er Jahre, das dem 80er Jahre Motto „geniale Dilettanten“ folgt.

Deutschland 1998
Regie: Beatrice Manowski
Buch: Beatrice Manowski & Wolfgang Büld
Darsteller: Beatrice Manaowski, Erdal Yildiz, Axel Pape, Martina Schießer, Robert Viktor Minich, Lars Pape

Länge: 98 Minuten
Verleih: drop out Cinema
Kinostart: 6. Oktober 2022

FILMKRITIK:

Marion Niplowski heißt die Heldin von „Drop Out – Nippelsuse schlägt zurück“ und wird von Autorin und Regisseurin Beatrice Manowski selbst gespielt. Gleich zu Beginn verlässt Marion ihren Freund, einen antriebslosen Maler und Säufer. Das Problem, dass sie nun ohne Wohnung dasteht löst sie damit, dass sie ein Büro anmietet und vorgibt, Privatdetektivin zu sein.

Eigentlich nur eine Ausrede, denn Marion selbst ist alles andere als motiviert, einer halbwegs normalen Arbeit nachzugehen und hat in erster Linie Partys, Koks und Sex im Kopf. Dennoch bekommt sie schnell einen Fall übertragen, doch die zu überwachende Person ist bald tot. Um etwaigen Vorwürfen, dass sie selbst in die Tat verwickelt war, vorzubeugen, filmt Marion nun ihr Leben und die Ermittlungen, bei denen sie immer wieder einem Polizisten (Erdal Yildiz) begegnet und tief in die Hamburger Unterwelt gezogen wird.

Dort hat sie es mit Zuhältern, Prostitution und allerlei Drogen zu tun, so dass bald nicht mehr klar ist, wie viel des Geschehens sie sich einbildet und was real ist. Da hilft nur ein Griff an den Nippel, was Marion seit ihrer Kindheit immer tut, wenn sie nachdenkt, wodurch sich ihr Spitzname Nippelsuse erklärt.

Nach Rollen in Filmen von Jörg Buttgereit und Wim Wenders – auch eine interessante Kombination – versuchte sich die Schauspielerin Beatrice Manowski an ihrer ersten und auch einzigen Regiearbeit. Ein klassischer No Budget-Film ist dabei entstanden, der versucht seine Defizite zum integralen Teil von Geschichte und Ästhetik zu machen. Vor allem das Drehen mit einer Videokamera schlägt sich in einer Bildqualität wieder, bzw. in ihrem Mangel, der heute noch viel frappierender wirkt, als er schon 1998 gewirkt haben muss.

Im Schnitt sei der Film erst entstanden heißt es, was man gerne glaubt. Wirklich nachvollziehbar sind die Versatzstücke der Handlung nur in Momenten, Figuren tauchen auf und verschwinden, in diversen Hamburger Underground-Party-Location scheint gedreht worden zu sein, im Zweifelsfall zieht Manowski blank oder läuft gleich mit einem Umschnalldildo bekleidet durch die Straßen.

Ein gewisser anarchisches Element zieht sich durch „Drop Out – Nippelsuse schlägt zurück“, der wohl am besten in geselliger Runde, bei dem ein oder anderen Bier, als Mitternachtsfilm funktioniert. In den besten Momenten gelingen Manowski kurze Vignetten, die den Zeitgeist der späten 90er Jahre einfangen, die ein lustvolles Abhängen und Nichtstun beschreiben, wie es amerikanische Slacker-Filme jener Zeit vorgemacht haben. Ein gehöriges Maß an Dilettantismus ist zu spüren, bisweilen gepaart mit genialischen Momenten, die Manowskis Film in jedem Fall zu einem Unikum im deutschen Kino werden lassen.

 

Michael Meyns