Im Nachtlicht

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Eine depressive junge Frau nimmt einen Job an, der sie mit allerhand schrägen Dörflern und ihrer eigenen Identität bekannt macht. Das unabhängig produzierte Langfilmdebüt von Misha Kreuz verbindet Mystery- und Horrormotive mit den psychologischen Irrungen der Protagonistin. Nach der Uraufführung bei den Hofer Filmtagen 2020 startet „Im Nachtlicht“ nun in den Kinos.

Website: https://www.realfictionfilme.de/im-nachtlicht.html

Deutschland 2020
Regie & Buch: Misha Kreuz
Darsteller: Diana M. Frank, Ruby O. Fee, Ralf Drexler, David Rott, Sebastian Hülk, Stefanie Philipps, Fredderik Collins, Mandy Kieroth, Axel Gottschick
Laufzeit: 104 Min.
Verleih: Real Fiction
Kinostart: 7.4.2022

FILMKRITIK:

Minthe Hellheim (Diana Maria Frank) wirkt seltsam entrückt von dieser Welt. Tatsächlich ist die junge Frau vom Beginn ihres Lebens an entwurzelt, ihre Eltern hat sie nie kennengelernt und wuchs stattdessen bei mehreren Adoptivfamilien auf. Als ihr Vertretungsjob in einem Supermarkt ausläuft, nimmt Minthe unwillig ein vom Amt vermitteltes Jobangebot an, das sie ausgerechnet in ihren Geburtsort Hellheim verschlägt. Dort soll die baustellenerfahrene Fast-Architektin eine alte Mühle restaurieren, die mitten im Wald steht. Bald häufen sich schräge Begegnungen mit den kuriosen bis unheimlichen Menschen aus der Gegend – und Minthe deckt ein mysteriöses Geheimnis auf.

Ein deutsches Kinodebüt auf Genrepfaden sieht man nicht alle Tage. Schon mit dem Versuch haben der Regisseur Misha Kreuz, der zuvor den Kurzfilm „Greenhorn“ gedreht hat, und die Produzentin Anja Uhland bei nicht wenigen Cineastinnen und Cineasten ein Stein im Brett. Zumal der Film unabhängig mit Referenzgeld, Rückstellungen und aus Eigenmitteln realisiert wurde.

Vor dem Hintergrund, dass der Genrefilm ohne breite Finanzierung entstanden ist, sieht das Ergebnis durchaus professionell aus. Erzählerisch wirkt der Mysteryfilm mit sozialkritischen Untertönen indes etwas holprig, wenn die depressive und stets abwesend wirkende Minthe zig skurrile Menschen aus Hellheim, wie den spleenigen Kommissar Rick Karon (Sebastian Hülk), trifft, die immer scharf an der Grenze zur Parodie agieren. Ganz modern treten als Aggressoren vor allem Männer auf, deren unverhohlene und oft beiläufig gezeigte verbale und körperliche Gewalt gegen Frauen in Hellheim scheinbar zum Alltag gehört.

Generell vermittelt der Drehbuchautor Misha Kreuz sehr viele Informationen über die mitunter hölzernen Dialoge, was teilweise dem geringen Budget geschuldet sein mag und phasenweise an ein Theaterstück erinnert. Stetige Andeutungen verweisen von Beginn an überdeutlich darauf, dass hier nicht alles mit rechten Dingen zugeht: Minthe nimmt die Buslinie 666, wird von einem Dr. Schwarz beauftragt und lernt die eigensinnige Frau Goost kennen, die in einem Nebengebäude der Wolfsmühle lebt. Manches wirkt hier zu gewollt neben der Spur, etwa das sündige Treiben in der städtischen Turnhalle. Unterm Strich baut der Film aber genug innere Spannung auf, um das Interesse wachzuhalten.

Christian Horn