Im Taxi mit Madeleine

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Es ist ein Tag wie jeder andere für Charles, der als Taxifahrer in Paris unterwegs ist. Bis er die 92-jährige Madeleine abholt, die er in ein Seniorenheim bringen soll. Aber die Fahrt dauert länger, als gedacht, weil Madeleine einige Orte ihrer Vergangenheit wiedersehen will. Der Film spielt nicht ausschließlich im Taxi, da es auch Rückblicke auf Madeleines Leben in den 1940er, 1950er und 1970er Jahren gibt. Aber die prägnantesten Szenen finden in diesem Taxi statt, weil Line Renaud und Dany Boon so wunderbar miteinander harmonieren.

Website: https://www.studiocanal.de/title/im-taxi-mit-madeleine-2022/

Une belle course
Frankreich 2022
Regie: Christian Carion
Buch: Cyril Gely, Christian Carion
Darsteller: Line Renaud, Dany Boon, Alice Isaaz
Länge: 91 Minuten
Verleih: StudioCanal
Kinostart: 13. April 2023

FILMKRITIK:

Der Taxifahrer Charles holt Madeleine ab. Er soll sie in ein Seniorenheim bringen. Sofort verwickelt die 92-jährige Dame ihn in ein Gespräch und wünscht jede Menge kleine Umwege, um noch einmal die Orte ihrer Jugend zu sehen. Sie erzählt Charles von ihrem Leben. Wie sie schwanger wurde, wie sie allein Kind großzog, wie sie einen neuen Mann fand und wie der sie behandelt hat. Sie erzählt auch, wie sie sich seiner entledigte und welchen Preis sie dafür zahlen musste. Es ist eine Fahrt, die den ganzen Tag andauert, in der Madeleine und Charles sich von ihrem Leben erzählen, so wie man es nur bei Fremden tun kann, mit denen man sich aber auf seltsame Art und Weise verbunden fühlt.

„Im Taxi mit Madeleine“ ist ein wunderschöner Film. Sicherlich ist das Ende vorhersehbar, aber es punktet emotional. Doch wie die Taxifahrt für Charles und Madeleine ist auch bei Ansehen des Films der Weg das Ziel. Die Gespräche werden intensiver, wenn Madeleine von einer Zeit erzählt, in der man sich nicht wegen häuslicher Gewalt scheiden ließ und verheiratete Frauen praktisch keine Rechte hatten. Eine Zeit, die vergangen scheint und doch nachhallt. Der Film greift hier ein ernstes Thema auf. Die Umsetzung ist dabei ein klitzekleines Bisschen irritierend.

Die Rückblicke sind stark, unter Umständen wäre dem Film aber besser gedient gewesen, sich dem alten Motto „show, don’t tell“ zu widersetzen. Zu sehen, was Madeleine erzählt, ist der einfachere Weg. Man hätte sich aber auch auf Line Renaud und Dany Boon verlassen können, um das Gespräch im Taxi, aber auch auf einer Bank am Seine-Ufer oder in einem Restaurant ganz in den Fokus zu stellen.

Die vergangenen Szenen mit Madeleines Mann, der sie schlägt und sich ihr aufzwingt, sind inszenatorisch, aber auch von der musikalischen Untermalung an einen Thriller angelegt. Der Film selbst könnte weiter nicht davon entfernt sein. Er erzählt eine Lebensgeschichte. Vor allem aber erinnert er den Zuschauer daran, dass jeder da draußen eine spannende Geschichte zu erzählen hat. Wir leben nur in Zeiten, in denen niemand mehr zuhört, in denen sich auch niemand mehr dafür interessiert, was die älteren Mitbürger im Lauf ihres langen Lebens erlebt haben. Dabei kann man daraus viel lernen, so wie auch Charles von Madeleine etwas lernt.

 

Peter Osteried