Mad Heidi

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Wahrscheinlich würde sich Johanna Spyri die Augen ausweinen, wenn sie sehen könnte, was aus ihrer Heidi geworden ist. Auf der anderen Seite: So selbstbestimmt war das Mädchen aus den Bergen auch noch nie. Der Schweizer Exploitation-Film erzählt von einer dystopischen Zukunft, in der der Schweizer Führer eine Käse-Diktatur errichtet hat. Heidi verliert alles, was ihr lieb ist – und fängt an, zurückzuschlagen. Das ist natürlich Trash, aber richtig guter. Ein absurd-verrückter Film ganz im Stil von „Iron Sky“, aber sogar besser!

Webseite: https://www.swissfilms.ch/de/movie/mad-heidi/E2D52CD513BA427D9305DA7A63A7746E

Schweiz 2022
Regie: Johannes Hartmann, Sandro Klopfstein
Buch: Sandro Klopfstein, Johannes Hartmann, Gregory D. Widmer, Trent Haaga
Darsteller: Alice Lucy, Max Rüdlinger, Casper Van Dien

Länge: 92 Minuten
Verleih: Nameless / 24 Bilder
Kinostart: 24. November 2022

FILMKRITIK:

Die nahe Zukunft: Die Schweiz wurde zur Käse-Diktatur. Nur der Käse des Führers ist noch erlaubt, alles andere verboten – dabei schmeckt der Führerkäse nicht besonders. Der Ziegenpeter verdient sich was durchs Edel-Käse-Dealen, wird dann aber von den Schergen des Führers hingerichtet. Heidi wird verhaftet und kommt in das Umerziehungslager von Fräulein Rottweiler. Dort lernt sie auch Klara kennen. Aber Heidi ist auf sich allein gestellt. Sie flieht und schwört: Tod dem Vaterland!

Der Schweizer Exploitationfilm wurde zum Teil mit Crowdfunding finanziert. Drei Millionen Franken kostete das gute Stück – durchaus eine Hausnummer für einen Film dieser Art. Damit konnte man sich auch einen Star der zweiten Reihe leisten: Casper Van Dien. Der ehemalige Held der „Starship Troopers“ hat hier eine Rolle gefunden, in der echt aufgeht. Er chargiert und übertreibt maßlos, aber damit sorgt er auch für jede Menge gute Unterhaltung. Überhaupt: Das Schräge ist natürlich das Reizvolle an „Mad Heidi“.

Heidi in einer Kampftracht, ein Gegner in Superschurkenmontur, und der Ziegenpeter in Schweizer Tracht, aber mit einem Pimp-Mantel, wie man ihn mit dem Blaxploitation-Kino der 1970er Jahre verbindet, ist schon eine Schau. Eines ist dabei aber auch klar: Für Freunde des guten Geschmacks ist dieser Film nicht. Für Leute, die Funsplatter zu schätzen wissen, auf markige Sprüche stehen, und noch dazu den Zitatenschatz des Films erkennen, ist er eine Wucht. Man merkt den Machern an, wo sie sich bedient haben. Direkte Anleihen bei einer Reihe von Filmen sind erkennbar. Besonders schön umgesetzt: Die Trainingsmontage wie bei „Highlander“.

Die Schauspieler sind durch die Bank gut. Das heißt: Sie übertreiben, was kein Zeichen von Unfähigkeit ist, sondern tatsächlich genau in richtigem Maße geschieht. Hauptdarstellerin Alice Lucy ist weitestgehend unbekannt, als Heidi rockt sie jedoch. Und: Die Schauspielerin hat zuvor trainiert, ihre Kampfszenen sind ausgesprochen dynamisch.

Wer Filme wie „Iron Sky“ mag – dessen Regisseur Timo Vuorensola war hier einer der ausführenden Produzenten –, der ist bei „Mad Heidi“ genau richtig. Das ist filmischer Quatsch auf hohem Niveau, schräg, blutig, actionreich, politisch inkorrekt und mächtig unterhaltsam. Im Grunde perfekt für ein Midnight-Screening. Man mag suchen müssen, in welchen Kinos Heidi für die Freiheit des Mutterlands kämpft, es lohnt sich aber!

 

Peter Osteried