Nachtwald

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Der klassische Abenteuerfilm um zwei Jungs, die eine geheimnisvolle Höhle erforschen wollen, bietet Spannung, Humor und gute Darsteller in einer Handlung, die nicht immer schlüssig und bis ins Letzte durchdacht wirkt.
André Hörmanns erster Spielfilm entstand in der Reihe „Der besondere Kinderfilm“, mit der Original-Stoffe für das junge Publikum gefördert werden sollen, die sich außerhalb des Mainstreams und der gängigen Bestseller-Verfilmungen bewegen.

Webseite: www.farbfilm-verleih.de

Deutschland
Regie: André Hörmann
Drehbuch: André Hörmann und Katrin Milhahn
Darsteller: Levi Eisenblätter, Jonas Oeßel, Marc Limpach, Meike Droste, Gabor Biedermann
Kamera: Michael Hammon
Musik: Marian Lux

Länge: 96 Minuten
Start: 24.11.2022

FILMKRITIK:

Ein lebensfroher, lustiger Junge: das ist Paul, der in einem Dörfchen auf der Schwäbischen Alb lebt und gemeinsam mit seinem Vater Thomas gern Ausflüge unternimmt. – Ein Jahr später ist alles anders. Pauls Vater ist verschwunden, und aus dem fröhlichen Paul ist ein niedergedrückter kleiner Kerl mit hängenden Schultern geworden, ein leichtes Opfer für Mobber und Schulrüpel; er ist jetzt einer, der es schwer hat. Nur Pauls Freund Max hält zu ihm. Als Paul das Tagebuch seines Vaters findet, kommt er auf eine Idee: Er will auf Thomas‘ Spuren heimlich die Ursulen-Höhle erforschen. Gemeinsam mit Max macht er sich auf den weiten Weg, ziemlich unvorbereitet, aber immerhin mit einem Schlafsack und ein paar Camping-Utensilien ausgerüstet. Die beiden ahnen nicht, dass ihnen bald ein Suchtrupp folgen wird. Erstmal freuen sie sich an ihrer neu gewonnenen Freiheit und sie genießen es, miteinander den Sommer zu genießen, einschließlich vieler Hindernisse und Probleme, die die Wildnis so mit sich bringt.

Ein bisschen „Höhlenkinder“, ein bisschen „Stand-by-me“ – André Hörmann mixt geschickt die Zutaten für einen kindgerechten und familienfreundlichen Abenteuer-Buddy-Film, einschließlich eines eingängigen Soundtracks, der ab und zu an Indiana Jones, den Krieg der Sterne und Superhelden-Filme erinnert. Mit all diesen Filmen kennen sich Paul und Max prima aus, und sie schaffen mühelos eine Verbindung zwischen dem Star Wars-Universum und der Realität, was zudem viele Gelegenheiten für hübsche Gags bietet. Die schauspielerischen Leistungen der beiden Hauptdarsteller Levi Eisenblätter und Jonas Oeßel sind enorm, und zwar sowohl, was die Charakterisierung der eigenen Personen als auch besonders, was das Zusammenspiel mit dem Partner betrifft. Hier stimmt die Chemie, die beiden Jungs ergänzen sich großartig: der nachdenkliche, fantasiebegabte Paul, der Angst davor hat, dass er verrückt werden könnte – so wie es alle von seinem Vater behaupten – und der pragmatische Max, der von allen gehänselt wird, weil er dick ist. Bei ihm stellt sich auch noch heraus, dass er zu Hause von seinem gewalttätigen Vater misshandelt wird. Das ist insgesamt ein bisschen (zu) viel des geballten Elends, was da auf die beiden Jungs einprasselt. Es scheint, als ob bei der Drehbuchentwicklung der psychologische Hintergrund eine wichtige Rolle gespielt hat, vielleicht war er sogar wichtiger als die logische, stringente Handlung. Das geht schon damit los, dass der Film in den Sommerferien spielen soll, die Umgebung aber eher herbstlich wirkt. Hier passt so einiges nicht zusammen, die ganze Story um das Abhauen von Zuhause wirkt irgendwie künstlich und teilweise etwas gewollt, hier und da gibt es auch einige Fragezeichen, wo man vielleicht besser nicht nachfragen sollte, und das gilt auch für einzelne Stationen der Wanderung durch die Schwäbische Alb. Gelegentlich entsteht der Eindruck, dass hier ein paar Klischees abgearbeitet werden sollen. Doch das natürliche Spiel der beiden Kids und ihre Suche nach der Höhle, die auf hübsch aufgebauten Rätseln aus dem Tagebuch von Vater Thomas beruht, entschädigt dafür. Ansonsten gibt es nur recht wenige weitere Rollen. Meike Droste spielt gewohnt locker und souverän Pauls Mutter, und Marc Limpach spielt den Vater in einem Film, der vor allem zwei Jungs gehört, die hier miteinander ihr größtes Abenteuer erleben.

 

Gaby Sikorski