Poppy Field

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In seinem Debütfilm „Poppy Field“ beschreibt der rumänische Regisseur Eugen Jebeleanu eine jener vielschichtigen moralischen Situationen, für die sein Land in den letzten Jahren bekannt geworden ist. Die Ereignisse eines Tages kreisen um einen schwulen Polizisten, der nicht dazu stehen kann und will, was er ist und statt dessen versucht, den Machoritualen seines Berufsstandes zu genügen.

Câmp de maci
Rumänien 2020
Regie: Eugen Jebeleanu
Buch: Ioana Moraru
Darsteller: Conrad Mericoffer, Alexandru Potocean, Radouan Leflahi, Cendana Trifan, Ionuţ Nicolae, Alex Câlin, Rolando Matsangos

Länge: 81 Minuten
Verleih: missing films
Kinostart: 24. November 2022

FILMKRITIK:

Cristi (Conrad Mericoffer) ist Polizist in einer rumänischen Großstadt. Über ein langes Wochenende kommt sein Lover Hadi (Radouan Leflahi) zu Besuch, ein Muslim aus Frankreich, der als Flugbegleiter arbeitet. Anfangs noch von erotischer Spannung getragen, zeigen sich bald erste Risse in der Beziehung, die auf Cristis Wohnung beschränkt ist. Übers Wochenende in die Berge zu fahren wagt Cristi nicht, zu groß wäre das Risiko, von Bekannten oder Kollegen gesehen zu werden. Ein Beusch von Cristis Schwester Catalina (Cendana Trifan) verstärkt nur noch die Spannung zwischen Cristi und Hadi und am Abend muss Cristi zu seiner Schicht.

Nur aus Männern besteht seine Einheit, die sich auf dem Weg zum Einsatz in Plattitüden ergeht und erpicht darauf scheint, möglichst männlich zu wirken. An diesem Abend werden sie ausgerechnet in ein Kino gerufen, wo eine mit Ikonen ausgerüstete christliche Gruppe gegen die Vorführung eines Films mit lesbischer Thematik protestiert. Immer angespannter wird die Situation und als Cristi versucht, sich zurückzuziehen, wird er von einem Besucher erkannt. Als der Mann ihn konfrontiert schlägt Cristi zu.

Viele Meisterwerke hat das rumänische Kino in den letzten 20 Jahren hervorgebracht, Filme von Cristian Mungiu, Cristi Puiu oder Radu Jude wurden in Cannes, Venedig und Berlin mit Preisen bedacht, eine rumänische Welle entstand. Verbindendes Element sind meist moralische Fragen, die auf subtile Weise gestellt werden und einen harschen Blick auf das Leben in dem postkommunistischen Land werfen, dass sich einerseits in Richtung demokratisches Europa entwickelt, andererseits aber oft noch wie in der Vergangenheit verwurzelt wirkt.

In dieser Welt spielt auch Eugen Jebeleanu „Poppy Field“, der deutlich als Debütfilm zu erkennen ist. Groß ist das Bemühen, Themen zu bearbeiten, so wie in diesem Fall die Homosexualität, die in Rumänien offiziell erlaubt ist, in dem christlich-konservativen Land aber gesellschaftlich nicht akzeptiert ist. Dass es nun gerade der schwule Polizist ist, der gegen einen Protestierenden zur Gewalt greift, löst den zentralen Konflikt des Films aus, der ungelöst bleibt.

In diversen Unterhaltungen mit Kollegen sieht sich Cristi mit der Frage konfrontiert, was seine Kollegen über ihn und seine Sexualität wissen. Ahnen sie etwas? Decken sie ihn, weil sie wissen wie er lebt und Sympathie haben? Eine Gesellschaft, geprägt von unterdrückten Emotionen zeigt Eugen Jebeleanu, stellt mehr Fragen, als das er antworten gibt, all das gefilmt in den für das rumänische Kino typischen langen Einstellungen, die hier allerdings nie die Kunstfertigkeit der besten ihres Fachs erreichen. Vor allem durch seine Thematik gelingt es „Poppy Field“ einen neuen Aspekt im inzwischen breiten Feld des rumänischen Kinos zu entdecken und variiert darüber hinaus ähnliche moralische Fragen wie seine Vorbilder.

 

Michael Meyns