The Sunlit Night

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Auf David Wnendts ersten englischsprachigen Film musste man lange warten. Seine Premiere feierte er im Januar 2019 auf dem Sundance Film Festival, danach folgte das Festival in Hamburg und vereinzelt auf der Welt Kino- oder Streaming-Starts im letzten Jahr. Nun kommt Wnendts Romanverfilmung, die von einer Künstlerin erzählt, die nach Norwegen kommt, um dort einem namhaften Künstler zu assistieren, auch hierzulande. Die Fassung musste aber Federn lassen.

Website: www.sunlit.wfilm.de

Deutschland / Norwegen 2019
Regie: David Wnendt
Buch: Rebecca Dinerstein
Darsteller: Jenny Slate, Alex Sharp, Fridtjov Såheim, Gillian Anderson, Zach Galifianakis
Länge: 91 Minuten
Verleih: W-film
Kinostart: 23.9. 2021

FILMKRITIK:

Fances (Jenny Slate) wurde von ihrem Freund verlassen und musste miterleben, wie ihre Kunst von snobistischen Kritikern heruntergemacht wurde. Sie will einfach nur weg aus New York. Da bietet es sich an, dass der Künstler Nils (Fridtjov Såheim) im hohen Norden Norwegens Hilfe benötigt. Frances fliegt also hin, der Empfang ist aber eher kühl. Zeit für ihre eigene Kunst hat sie auch nicht besonders viel, während sie mit Nils eine Scheune gelb anstreicht. Aber sie nimmt sich diese Zeit und lernt in dieser Gegend, in der es auch nachts nicht dunkel wird, nicht nur einen Wikinger-Häuptling, sondern auch einen jungen Mann kennen, der seinen Vater bestatten will.

Als der Film vor zweieinhalb Jahren in Sundance debütierte, hatte er noch eine Laufzeit von knapp 110 Minuten. Die Reaktionen auf „The Sunlit Night“ waren nicht gut, weswegen Wnendt entschied, noch einmal Hand anzulegen. Er entfernte einiges Material, und man kann nur vermuten, dass darunter durchaus der eine oder andere relevante Moment war. Denn bei der jetzigen Fassung hat man das Gefühl, einen Rumpf zu sehen. Szenen springen etwas, Figuren bleiben unterentwickelt, alles wirkt etwas holprig. Das gilt aber zumindest nicht für jede Figur. Frances und Nils sind schön charakterisiert. Die besten Momente des Films sind entsprechend auch in der ersten Hälfte zu finden, wenn es im Grunde nur um die beiden geht.

Der dritte Hauptdarsteller ist der Drehort: die Lofoten-Inseln. Die beeindruckenden Landschaften, der stets dramatische Himmel, der meist wolkenverhangen ist, die schroffen Berge, das alles sieht einfach phantastisch aus. Tatsächlich ist das auch eines der Highlights des Films, da die Umgebung und das Wetter immens zur Stimmung des Films beiträgt. Die ist etwas getragen, ruhig, in sich ruhend. Manche würden wohl auch sagen: langatmig. Denn „The Sunlit Night“ ist nicht unbedingt schnell darin, seine Geschichte zu erzählen. Er breitet sie gemächlich aus, wohlwissend, wie klein und unscheinbar sie eigentlich ist.

Eine Romanze gibt es im Verlauf der Geschichte auch. Sie wirkt eher wie ein Fremdkörper und lenkt vom eigentlichen Interessanten, der Beziehung der beiden Künstler, ab. Aber dem Film gelingt es mit seiner unscheinbaren Art sehr schön, ein Meta-Thema zu eröffnen, wenn er den Zuschauer zum Nachdenken darüber bringt, welchen Wert Kunst im Leben des Einzelnen einnimmt, wie der Drang zur Kreativität aber auch die Hauptfigur antreibt. Die ist von Jenny Slate sehr sympathisch gespielt. Ein bisschen schräg, ein bisschen nervig, aber jemand, mit dem man gerne Zeit verbringt. Das gilt für die Protagonisten, aber auch für das Publikum. Ein Film mit deutlichen Schwächen, die aber nicht verhindern, dass „The Sunlit Night“ ihnen zum Trotz ein Film ist, der nachhallt.

Peter Osteried