Wolke unterm Dach

Zum Vergrößern klicken

Publikumsliebling und Arthaus-Star Frederick Lau („Victoria“) spielt in seiner ersten Vaterrolle einen Krankenpfleger, der mit Frau und Tochter von einer harmonischen Zukunft träumt. Die Idylle wird jäh zerstört als die Gattin unerwartet stirbt. Während dem alleinerziehenden Witwer die Probleme über den Kopf wachsen, macht Tochter Lilly auf dem Dachboden eine magische Entdeckung - ein echter Spielberg-Moment! Bewegendes Vater-Tochter-Drama, das übliche Kitschfallen gekonnt umgeht. Plausible Figuren in einer glaubwürdigen Gefühls-Achterbahn. Leinwandpräsent wie gewohnt zeigt Frederick Lau sein Talent auch in dieser Rolle als rührender Papa am Rande des Nervenzusammenbruchs.

Webseite: https://www.warnerbros.de/de-de/filme

Deutschland 2022
Regie: Alain Gsponer
Darsteller: Frederick Lau, Romy Schroeder, Hannah Herzsprung, Barbara Auer
Filmlänge: 97 Minuten
Verleih: Warner Bros. Pictures Germany
Kinostart: 28. April 2022

FILMKRITIK:

Er gilt als Allzweckwaffe des deutschen Film. Frederick Lau agiert im knallharten Gefängnisdrama „Picco“ ebenso souverän wie in der Komödie „Türkisch für Anfänger“. Atemlos durch die Berliner Nacht bewegt er sich ohne Schnitt in Sebastian Schippers „Victoria“. Oder gibt für Oskar Roehler den schwule Nazi in Lederkluft in „Tod den Hippies! Es lebe der Punk“. Nun präsentiert sich der 32-Jährige in seiner ersten Vaterrolle.

Die Vorgeschichte ist noch vor dem Vorspann ungewöhnlich flott erzählt. Flirt mit Stewardess. Trauung auf Gipfelkreuz. Alsbald ist die kleine Lilly acht Jahre alt. Mama bricht beim Sport zusammen. Beerdigung und lange Trauer. Nach dieser rasanten Ouvertüre im Schnelldurchlauf beginnt das Familien-Drama. Papa Paul plagen bald stapelweise unbezahlte Rechnungen, dem geliebten trauten Heim droht die Zwangsvollstreckung. Beim Job im Krankenhaus passiert dem Stationsleiter nach durchzechter Nacht ein schwerwiegender Fehler. Derweil die verstörte Lilly trotzig die Schule verweigert, leichtsinnig auf hohe Bäume klettert oder einer Maklerin wütend ins Bein beißt. Hoffnung gibt es erst, als das Mädchen unter dem Dachboden eine kleine weiße Wolke entdeckt und ihre verstorbene Mama erscheint. „Das ist unser Spielberg-Moment“ schwärmt Drehbuch-Autor Dirk Ahner. Mit den Vorlagen zu den beiden „Pfefferkörner“ und „Jim Knopf“-Verfilmungen hat Ahmer erfolgreich sein Händchen für Jugendstoffe gezeigt.

Pech für Papa Paul, dass allein seine fantasiebegabte Tochter diese Gabe zur Kontaktaufnahme mit der Mutter hat. Ihm selbst wachsen die Dinge zunehmend über den Kopf: Höchste Zeit für den Krankenpfleger, endlich aktiv zu werden, seine Lilly, das Haus und sich selbst zu retten. Was zum sentimentalen Schmachtfetzen auf SAT1 hätte abzwitschern können, erweist sich als Drama mit plausibel konstruierten Konflikten, mit glaubwürdigen Figuren sowie mit jener notwendigen Dosis Humor, welche Geschichten über den Tod erst erträglich machte. Newcomerin Romy Schroeder gibt die Tochter mit angenehmer Leichtigkeit, jenseits altklugem Kinderdarsteller-Getue. Seine erste Vaterrolle bewältigt Frederick Lau bravourös mit gewohnter Glaubwürdigkeit samt verlässlicher Leinwandpräsenz.

 

Dieter Oßwald