Schon im Jahr 2022 gedreht, sollte „Am I OK?“ eigentlich beim Warner-Streaming-Dienst HBOMax in den USA debütieren, nach einer Neuausrichtung erschien der Film aber nicht mehr passend. Ihm wurde wieder ein Kinostart spendiert. So hat man den ungewöhnlichen Fall, dass gleich zwei Dramen mit Dakota Johnson innerhalb einer Woche starten. Zuerst „Daddio“, dann „Am I OK?“.
Webseite: https://www.warnerbros.de/de-at/filme/am-i-ok
Am I OK?
USA 2022
Regie: Stephanie Allynne, Tig Notaro
Buch: Lauren Pomerantz
Darsteller: Dakota Johnson, Sonoya Mizuno, Jermaine Fowler
Länge: 86 Minuten
Verleih: Warner Bros.
Kinostart: 4. Juli 2024
FILMKRITIK:
Lucy und Jane sind seit ihrer Jugend beste Freundinnen. Sie leben in Los Angeles, wo Jane in einer Werbeagentur tätig ist und sich Lucy in einem Spa verdingt, während sie eigentlich Malerin sein will. Lucy hadert aber vor allem mit ihrer Sexualität. Erst jetzt, im Alter von 32 Jahren, will sie sich eingestehen, dass sie lesbisch ist. Just in dem Moment erhält Jane ein Angebot ihrer Firma, eine Dependance in London aufzubauen – dort lebte sie, bis ihre Eltern mit ihr im Teenageralter in die USA kamen. Bevor sie geht, möchte sie Lucy aber noch helfen, zu sich zu finden, doch dann kommt es zum schweren Streit zwischen beiden Frauen.
Im Grunde geht es in „Am I OK?“ aber nicht um Lucys Coming-Out. Das ist nur ein Teil der Geschichte, ein Nebenaspekt. Eigentlich geht es um die tiefempfundene Freundschaft zweier Frauen und das Leben, das sie auseinanderreißt. Denn Jane kann die große Chance nicht verstreichen lassen, auch wenn sie weiß, dass sie ihren Lieblingsmenschen unendlich vermissen wird. Der Streit, so scheint es, könnte den Abschied leichter machen, aber der Film steuert auf ein Happyend zu. Eines, das vielleicht aufgeht, das vielleicht aber auch nur verzögert, was kommen muss – die Entfremdung, die damit einhergeht, dass man auf verschiedenen Kontinenten lebt.
Das sexuelle Erwachen von Lucy fühlt sich da nur wie Beiwerk an. Vielleicht auch, weil es Dakota Johnson nicht durchgängig gelingt, die Verwirrtheit ihrer Figur greifbar zu machen. Aber auch wenn der Titel es nahelegt, ist dies längst nicht nur Lucys Geschichte. Es ist ebenso die von Jane, wunderbar gespielt von Sonoya Mizuno. Johnson und Mizuno mögen nicht die beste gemeinsame Chemie haben, aber die Freundschaft der Frauen ist auch deswegen interessant, weil die Geschichte erkundet, wie es ist, wenn eine extrovertierte und eine introvertierte Person ein so enges Band verbindet.
Es gibt bisweilen schöne Momente des Humors, ebenso aber auch des Dramas. Der Film ist in erster Linie ein Schauspielstück, das von den Dialogen, aber auch den Darstellungen lebt. Ein zurückgenommener Film, der nur manchmal über die Stränge schlägt (etwa mit dem Cameo-Auftritt von Tig Notaro). „Am I OK?“ hat seine Momente, er ist auch nicht langweilig, aber es stellt sich das Gefühl ein, dass mehr drin gewesen wäre. So präsentiert sich der Film solide, ist aber auch nie mehr als das. Er ist OK.
Peter Osteried