Aware – Reise in das Bewusstsein

Zum Vergrößern klicken

Eines der großen Rätsel der Menschheit ist die Frage wie das Bewusstsein funktioniert, wie es dazu kam, dass der Mensch sich selbst als denkendes Wesen wahrnahm, wie das so genannte Körper-Geist-Problem zu lösen ist. Mit dieser Frage beschäftigen sich sechs Menschen, die in Frauke Sandig und Eric Blacks Dokumentarfilm „Aware – Reise in das Bewusstsein“ porträtiert werden.

Website: www.aware-film.com/de/

Dokumentarfilm
Deutschland 2020
Regie & Buch: Frauke Sandig & Eric Black
Länge: 106 Minuten
Verleih: Piffl
Kinostart: 2.9.2021

FILMKRITIK:

Sechs blinde Menschen werden losgeschickt, einen Elefanten zu erfühlen. Der eine beschreibt einen Rüssel, die andere einen Stoßzahn, wieder ein anderer die großen Ohren. Alle haben eine andere Perspektive, die alle richtig sind und doch das Ganze nicht erfassen. Dieses indische Gleichnis stellen Frauke Sandig und Eric Black ihrem Film voran und deutet damit vom ersten Moment an, dass es auf die Fragen, die sie in „Aware – Reise in das Bewusstsein“ stellen, keine klaren, eindeutigen Antworten gibt.

Vielleicht kann es bei diesem Thema auch gar keine klaren Antworten geben, schließlich geht es um nichts weniger als das, was uns zum Menschen macht, was die Menschen von allen bekannten Wesen des Universums unterscheidet: Die Fähigkeit sich selbst als denkendes Wesen wahrzunehmen, über sich und sein Wesen nachzudenken. Doch können nur Menschen denken? Monica Gagliano, Professorin für Pflanzenverhalten und Kognition an der Universität Sydney führt Experimente im Geiste von Pawlow durch, allerdings nicht mit Hunden – sondern mit Erbsen! Und tatsächlich reagieren die kleinen Pflänzchen und lernen. Auch die mexikanische Maya-Heilerin und Therapeutin Josefa Kirvin Kulix ist der Ansicht, dass auch Pflanzen kommunizieren, Energie ausstrahlen, die sie mit dem Rest des Universums verbinden.

Das alles verbunden ist, ist eine These, die wohl auch Christof Koch, wissenschaftlicher Direktor und Präsident des Allen Institut für Hirnforschung in Seattle unterschreiben würde. Er hat bei einem Trip mit Zauberpilzen das Zentrum des Universums gesehen und alles verstanden. Doch nach dem Trip stellte sich die Frage, ob diese Erfahrung mehr war als ein vom Gehirn produziertes Erlebnis. Psilocybin, der Wirkstoff der halluzinogenen Pilze, entwickelt sich in der Forschung zunehmend zum Thema. In den 60ern gab es schon einmal eine Phase, in der frei und offen mit Pilzen und auch mit LSD geforscht wurde, um das Bewusstsein zu entschlüsseln, aber auch Traumata zu heilen. Doch durch die angebliche Gefahr der Wirkstoffe waren die Drogen lange verpönt, die Forschung mit ihnen Jahrzehnte verboten. Das ändert sich erst langsam wieder, an Institutionen in der diesbezüglich liberalen Schweiz, aber auch an der Johns-Hopkins-Universität, wo Roland R. Griffiths forscht: „Meditation ist der erprobte Weg, um das Wesen des Geistes zu verstehen. Und Psilocybin ist der Crash-Kurs“ fasst er die Möglichkeiten zusammen, was Matthieu Ricard, ein aus Frankreich stammender, in Nepal lebender buddhistischer Mönch möglicherweise als unzulängliche Abkürzung zur Erkenntnis beschreiben würde.

Doch wer wollte das entscheiden? Es gibt viele Wege zur Erkenntnis, wissenschaftliche und religiöse, Meditation oder Pilze. Die großen Fragen der Menschheit werden vielleicht nie eindeutig beantwortet werden können, vielleicht sind sie auch gar nicht allgemeingültig zu beantworten, sondern nur auf so individuelle Weise, wie es die in „Aware – Reise in das Bewusstsein“ porträtierten Menschen tun.

Michael Meyns