Blackfish – Never capture what you can’t control

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Ein guter Dokumentarfilm, so sagt man, unterhält, ohne zu belehren. Er ist spannend, ohne effekthascherisch zu sein, und er bietet realistische Bilder, die das Herz und den Verstand bewegen.
Dies ist ein guter Dokumentarfilm. Er handelt von einem Orca – das ist die größte Delphinart – der in Gefangenschaft mindestens zwei Menschen getötet hat. Ihre natürliche Lebensweise wird ignoriert, damit die Tiere zum Vergnügen der Menschen zur Schau gestellt werden. Es geht also auch um die Arroganz, mit der sich der Mensch zum Herrscher über die Natur aufspielt. Es gibt viele beeindruckende Szenen, einige zeigen Angriffe von dressierten Walen auf Menschen und sind nichts für schwache Nerven. Die schönsten Bilder aber zeigen Orcas in ihrer Eleganz und Schönheit, vor allem aber: in Freiheit.
Als recht kleiner Film, der in Originalversion mit Untertiteln läuft, bietet BLACKFISH allen, denen der Tierschutz und die Erhaltung der Natur am Herzen liegt, einen kritischen und vollkommen unsentimentalen Blick auf den Umgang mit Tieren.

Webseite: www.BlackFish-derFilm.de

Dokumentarfilm - englische Originalfassung mit deutschen Untertiteln
USA 2013
Regie: Gabriela Cowperthwaite
Autoren: Gabriela Cowperthwaite, Tim Zimmermann, Jeff Beal
73 Minuten
Verleih: NFP
Kinostart: 7. November 2013

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Tilikum heißt dieser Orca, der fast sein ganzes Leben in Einzelhaft in engen Bassins verbracht hat. Mit zwei Jahren wurde er von seiner Mutter und von seinem Rudel getrennt, eingefangen und zuerst nach Kanada gebracht. Dort wurde er dressiert und musste den größten Teil des Tages in einem engen Becken verbringen. Nur für seine Auftritte vor Publikum ließ man ihn in einem großen Becken schwimmen. Nachdem eine Trainerin ums Leben gekommen war, weil sie von Tilikum und zwei Weibchen unter Wasser gezogen wurde, verkaufte man den Orcabullen nach Kalifornien, wo er heute noch in SeaWorld (Orlando) lebt.

Orcas sind intelligent und verspielt, so erfährt man, und sie verfügen über ein hoch entwickeltes Gemeinschaftsdenken, eine Art soziales Gedächtnis. Die größten Exemplare werden bis zu 10 Meter lang. Sie schwimmen täglich oft mehr als 150 Kilometer, sie jagen und leben in Familienverbänden, in denen sie sogar eine eigene Sprache oder zumindest eine individuelle Form der Verständigung entwickeln. Das Zusammengehörigkeitsgefühl der Tiere ist sehr ausgeprägt. In Gefangenschaft wird ihr natürliches Verhalten ignoriert oder sogar missachtet. Trotzdem denken viele Menschen, die dressierte Orcas oder andere Delphine in Meeres-Vergnügungsparks sehen, dass die Tiere hier artgemäß gehalten und dressiert werden. Auch die Tiertrainer, die mit Tilikum und anderen Walen gearbeitet haben, dachten das. Sie alle haben ihre Einstellung geändert, spätestens seit sie miterleben mussten oder gehört haben, dass Tilikum eine Frau getötet hat: seine Trainerin. Der Film behandelt die Frage, wie es dazu kommen konnte. Warum wurde dieses friedliche Tier aggressiv? Wie sah das Leben des riesigen schwarz-weißen Schwertwals aus?

Rückblickend entwirft Gabriele Cowperthwaite die Biographie eines Tieres, das sein ganzes Leben lang mehr oder weniger offensichtlich misshandelt wurde. Zu Worte kommt einer der Seeleute, die in den 80er Jahren vor Island Orcakälber fingen und von ihren Müttern trennen mussten; ein knorriger Kerl, der heute bereut, was er damals getan hat. Ähnlich geht es den Tiertrainern, die jung und naiv waren, als sie in den Vergnügungspark zu arbeiten begannen. Mit den Walen zu schwimmen, mit ihnen gemeinsam aufzutreten und Kunststücke vorzuführen, erschien ihnen als erstrebenswerte Möglichkeit, die intelligenten Tiere artgemäß zu beschäftigen. Heute distanzieren sie sich von ihrer Arbeit ebenso wie von ihren früheren Arbeitgebern. Tierschützer fordern schon lange die Schließung der so genannten Delphinarien, von denen es einige auch in Europa gibt. Durch den Tod der erfahrenen Tiertrainerin Dawn Brancheau, der von SeaWorld heruntergespielt wurde, konnte lediglich erreicht werden, dass die Trainer nicht mehr zu den Walen ins Becken steigen dürfen. Tilikum tritt inzwischen wieder auf. Auch als Zuchtbulle ist er für seine Eigentümer von unschätzbarem Wert. Er hat viele Nachkommen gezeugt, die überall auf der Welt in Delphinarien und Vergnügungsparks leben.

Am Ende des Films fahren die ehemaligen Trainer und Freunde der verunglückten Tiertrainerin gemeinsam hinaus aufs Meer, wo sie die Orcas vom Boot aus erleben: frei, schön und elegant in ihrem ureigenen Lebensraum – eine wunderschöne und bewegende Szene, die einen kritischen Film abrundet, der den Blick schärft für das, was wir Menschen der Natur antun. Und wie schön die Welt sein könnte, wenn wir etwas weniger Hochmut und etwas mehr Demut zeigen würden.

Gaby Sikorski