Luzifer

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Leichte Kost ist Peter Brunners neuer Film „Luzifer“ nicht. Er erzählt von einer Mutter und ihrem Sohn, die alleine auf dem Berg wohnen, in ungesunder Religiosität versinken und den Teufel fürchten, der in Form touristischer Erschließung auftaucht. Stimmungsvoll ist das, mit Bildern, die im Gedächtnis haften bleiben, aber Horror-Fans bleiben auf der Strecke – und für Freunde des Dramas dürfte das alles schon recht harter Tobak sein.

Website: https://www.cinemaobscure.org/2022/02/luzifer.html

Österreich 2021
Regie + Buch: Peter Brunner
Darsteller: Susanne Jensen, Franz Rogowski, Theo Blaickner
Länge: 103 Minuten
Verleih: Drop-Out Cinema
Kinostart: 28. April 2022

FILMKRITIK:

Johannes ist ein Kaspar-Hauser-artiger Mann mit simplem Gemüt, der mit einem Adler und seiner hochreligiösen Mutter in einer Almhütte lebt. Ihr Alltag ist von Gebeten und Ritualen bestimmt, doch als die touristische Erschließung ihres Paradieses näherschreitet, beginnt diese, die Mutter endgültig zu vergiften.

Schon die ersten Bilder sind unheildrohend. Die Bergkulisse ist imposant, die Musik düster und grimmig, perfekt, um die Stimmung des wolkenverhangenen Himmels einzufangen. Man fühlt sich sofort in einer fremden Welt – dabei sind die Drehorte in Tirol und Südtirol alles andere als das. Aber es ist auch das Verhalten der beiden Protagonisten, das so beklemmend ist. Der junge Mann kann sich dem Eifer der Mutter nicht erwehren, sie ist ihrem religiösen Wahn ganz und gar erlegen.

Der Film entzieht sich einer offensichtlichen Erzählweise, er findet immer seinen eigenen Weg und schafft es, die Spiritualität der Mutter auf der einen mit dem wahnhaften Glauben an die Technologie auf der anderen Seite in Beziehung zueinander zu setzen. Sie glaubt an die Gotteskraft, der touristische Entwickler, der die Natur zur Gewinnmaximierung ausbeuten will, ist das Symbol einer aus den Fugen geratenen Welt. Keiner von beiden kommt dabei besser weg, denn gemein ist ihnen, dass sie sich des Missbrauchs schuldig machen. Die Mutter, die ihrem Sohn eine Welt vorgaukelt, die es nicht gibt und ihn so lange als Kind behalten will, wie es nur geht, der Einfluss von außen, dem Lebensgewohnheiten egal sind, wenn das Geld nur stimmt.

Aus dieser Wechselwirkung heraus entspinnt Peter Brunner einen eindrucksvollen, aber alles andere als leichten Film. Er wartet mit verstörenden Bildern auf, da er eine Exorzismus-Geschichte erzählt, wie man sie so noch nie gesehen hat. Dabei setzt er auf Susanne Jensen, selbst ein Missbrauchsopfer, das als Pastorin zur Religion gefunden hat, und Franz Rogowski, der hier die Darstellung seines Lebens abliefert. Als dritter Protagonist agieren die Berge, deren unheimliche Atmosphäre alles durchdringt.

„Luzifer“ ist starkes, metaphysisches Horrorkino, das selbst in Zeiten von „elevated horror“ wie den Produktionen des Studios A24 (z.B. „Hereditary“ oder „Midsommar“) kühn und imposant erscheint. Kein Film, der Spaß macht, aber einer, den man lange nicht vergisst.

 

Peter Osteried