Träum weiter

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„Träume werden wahr.“ Oder doch: „Träume sind Schäume?“ Fünf Menschen stehen im Mittelpunkt von Valentin Thurns Dokumentarfilm „Träum Weiter! Sehnsucht nach Veränderung“, fünf Menschen mit fünf unterschiedlichen Träumen, die zum Teil schon geplatzt sind, teils utopisch, teils sehr vernünftig wirken. Ein Film über das oft nur scheinbar Unerreichbare.

Website: www.alamodefilm.de/kino/detail/traeum-weiter-sehnsucht-nach-veraenderung.html

Träum Weiter! Sehnsucht nach Veränderung
Dokumentarfilm
Deutschland 2021
Regie: Valentin Thurn
Buch: Valentin Thurn & Sebastian Stobbe
Länge: 97 Minuten
Verleih: Alamode Film
Kinostart: 30.9.2021

FILMKRITIK:

Gibt es Alternativen zu der Art, wie wir Leben, wie unsere Wirtschaft funktioniert, wie wir unsere Gesellschaft gestalten? Diese Fragen waren für Valentin Thurn Ausgangspunkt seiner Arbeit an seinem Dokumentarfilm „Träum Weiter!“, ein etwas flapsiger Titel, dessen Intention erst durch den Untertitel „Sehnsucht nach Veränderung“ verdeutlicht wird.
Fünf Menschen hat Thurn über Jahre begleitet und gefilmt, fünf Menschen, die etwas Grundsätzliches ändern wollen, nicht nur in ihren persönlichen Leben, sondern oft auch im Großen, in der Gesellschaft.

Der Designer Joy Lohmann etwa träumt von schwimmenden Inseln. Mit Gleichgesinnten baut er mit großen Eimern oder Fässern Flöße, die auf Seen in Deutschland eher wie ein lustiges Freizeitvergnügen wirken. In Ländern wie Bangladesch oder Indien aber, deren Küstenstreifen durch zunehmende Klimaextreme oft existenziell bedroht sind, könnten solche selbstgebauten Inseln Leben retten. Konkreter mit der deutschen Gegenwart beschäftigt sich der Erfinder Carl-Heinrich von Gablenz, der Schwerlasten mit Ballons transportieren will. Vor Jahren versuchte er schon einmal, diese Idee umzusetzen, baute in der Brandenburgischen Pampa unweit von Berlin eine riesige Halle für seine Cargolifter – und ging pleite. Jetzt versucht er es noch einmal, denn vielleicht ist die Zeit endlich reif für alternative, revolutionäre Ideen.

Auch der Designer Van Bo Le-Mentzel hat große Ideen, die jeden betreffen. Er fordert mietfreies Wohnen für alle und bietet eine beengte Alternative an: Tiny-Häuser, winzige Bauten, die auf wenigen Quadratmetern alles was ein Mensch zum Leben braucht vereinen. Sicher nicht unbedingt der Traum vieler Menschen, aber doch ein Denkansatz. Line Fuks wiederum ist mit ihrer Partnerin und den zahlreichen Kindern nach Portugal ausgewandert, wo das Paar auf dem Land lebt, sich möglichst selbst versorgt und die Entbindung von der Schulpflicht genießt. Die Kinder sollen Freigeister werden und das lernen, was sie wollen, ein zumindest ambitionierter Gedanke. Und schließlich Günther Golob, der vom Mars träumt. Aus 200.000 Menschen, die sich weltweit beworben haben, wurde er ausgewählt und trainiert nun für eine Reise ohne Wiederkehr.

Was diese fünf Menschen antreibt versucht Valentin Thurn zu ergründen. Was hat dieses Quintett veranlasst, sich aus den Bahnen der Normalität zu entfernen, teils eher in der Freizeit, teilweise auch radikal? Ein wenig tragisch mutet dabei Günther Golob an, der für die Marsreise sein ganzes Leben über den Haufen warf, keinen Job mehr hat – und schon erleben musste, dass das Unternehmen hinter dem Plan Pleite ging. Dennoch: Auch er hat etwas probiert, hat den Trott des Alltags hinter sich gelassen, hat etwas gewagt, dass viel zu wenige Menschen viel zu selten tun: Von großen Veränderungen zu träumen.

Michael Meyns