Zimmer 212 – In einer magischen Nacht

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Ein durch und durch französischer Film ist „Zimmer 212 – In einer magischen Nacht“ von Christophe Honoré, ein Film über die Liebe, Affären, die Möglichkeit bzw. Unmöglichkeit der Ehe, voller attraktiver Schauspieler, unterlegt mit Chansons. Im Zentrum des Ganzen steht die wunderbare Chiara Mastroianni, die vergessen lässt, wie flüchtig das Erzählte eigentlich ist.

Website: https://www.cineleusis.com/2020/09/25/zimmer-212/

Chambre 212
Frankreich 2019
Regie & Buch: Christoph Honoré
Darsteller: Chiara Mastroianni, Benjamin Biolay, Vincent Lacoste, Kolia Abiteboul, Camille Cottin, Carole Bouquet
Länge: 86 Minuten
Verleih: Olymp Film
Kinostart: 14.10.2021

FILMKRITIK:

Seit 20 Jahren sind Maria (Mastroianni) und Richard (Benjamin Biolay) verheiratet, die Ehe ist zum Teil des Lebens geworden, nicht lieblos, aber keineswegs mehr so leidenschaftlich wie sie einst war. Als Hochschuldozentin verbringt Maria viel Zeit an der Uni, dort sucht sie sich auch ihre schnell wechselnden Liebhaber, so wie den jungen Spanier mit dem schönen Namen Asdrubal Electorat (Harrison Arevalo). Aus dessen Schrank sprang Maria in der ersten Szene hinaus, sie konnte das Genörgel von Asdrubals Freundin nicht mehr ertragen. Diese Affäre mag vorbei sein, doch der verstoßene Liebhaber will nicht von Maria lassen und schickt eine SMS. Diese entdeckt Richard und stellt Maria zur Rede. Von Schuldbewusstsein jedoch keine Spur, es seien nur Affären gewesen, mehr nicht, betont Maria, doch Richard ist tief verletzt. Um ihm und sich eine Nacht zum Nachdenken zu geben, zieht Maria ins der gemeinsamen Wohnung gegenüberliegende Hotel, in das titelgebende Zimmer 212 und erlebt tatsächlich eine magische Nacht.

Nach und nach tauchen immer neue Phantasiegestalten aus Marias Vergangenheit und ihrer Zukunft auf: Die jüngere Version von Richard (nun gespielt von Vincent Lacoste), also der Mann, in den sie sich einst verliebte, dazu ihre Mutter, die eigene Affären beichtet, vor allem aber all die Liebhaber, die Maria im Lauf der Zeit hatte. In Gestalt von Irène (Camille Cottin) trifft Maria schließlich auch auf eine Frau aus Richards Vergangenheit, seine ehemalige Klavierlehrerin und Geliebte, die zu gern mit ihm zusammengeblieben und Kinder bekommen hätte, eine Möglichkeit seines Lebens, die er für die untreue Maria aufgegeben hat.

Wie eine luftig-leichte, sehr französische Variante des berühmten Weihnachtsfilms „Ist das Leben nicht schön“ wirkt „Zimmer 212“ in manchen Momenten wie ein Spiel mit den erzählerischen Möglichkeiten, die nur das Kino bietet. Ein bunter Reigen an Figuren und melancholischen Erinnerungen geben sich im Lauf der Nacht die Klinke von Marias Hotelzimmer in die Hand, das über weite Strecken einziger Schauplatz bleibt. Etwas Statisches haftet dem Geschehen dadurch unweigerlich an, etwas theatralisches, das vor allem durch die Präsenz von Chiara Mastroianni unterlaufen wird.

Zum sechsten Male arbeitet die Tochter von Catherine Deneuve und Marcello Mastroianni hier schon mit Christophe Honoré zusammen, der bewusst mit ihrem Status als Tochter eines der berühmtesten Paare der Filmgeschichte spielt. Das Mastroianni zudem einmal mit ihrem Filmpartner Benjamin Biolay liiert war, verleiht „Zimmer 212“ zusätzliche Metatextualität. Allzu sehr hinterfragen sollte man solche Zeichen allerdings nicht, sie bleiben ebenso Oberflächenreize wie der Verweis auf das französische Zivilgesetz, den Code civil, der bei Paragraph 212 Eheleute zu gegenseitigem Respekt und Treue ermahnt. Die Möglichkeiten, Tiefen und Abgründe seines Ansatzes ergründet Honoré nicht, er begnügt sich damit, in kaum 90 Minuten auf locker, leichte Weise über die Liebe zu erzählen, auf sehr unterhaltsame, oberflächliche Weise, mit einer lässigen Leichtigkeit, wie es wohl nur dem französischen Kino gelingt.

Michael Meyns