La Ritournelle

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Sie ist das weibliche Gesicht des französischen Kinos der vergangenen Jahrzehnte: Die Filmdiva Isabelle Huppert. In der einfühlsamen romantischen Komödie „La Ritournelle“ bricht die einstige Chabrol-Muse als Frau eines Rinderzüchters aus ihrer Eheroutine in der Provinz aus. Doch Regisseur Marc Fitoussie lässt sie dabei nicht als tragische Heldin a la Madame Bovary enden, sondern gönnt ihr neben einem charmanten Liebhaber auch einen Neuanfang mit ihrem genialen Filmpartner, dem exzellenten Jean-Pierre Darroussin. Eine hinreißende französische Version der „comedy of remarriage” mit Tiefgang und Esprit.

Webseite: www.wildbunch.de

Frankreich, 2013
Regie: Marc Fitoussie
Drehbuch: Marc Fitoussi, Sylvie Dauvillier
Kamera: Agnes Godard
Darsteller: Isabelle Huppert, Jean-Pierre Darroussin, Michael Nyqvist, Pio Marmaï, Jean-Charles Clichet, Marina Foïs, Audrey Dana, Anaïs Demoustier, Clement Metayer, Benoît Giros, Audrey Dana, Pio, Clement Metayer, Meryem Serbah, Jean-Charles Clichet, Lakshantha Abenayake, Pierre Diot, Irène Ismaïloff, Louise ColdefyAbenayake
Länge: 109 Minuten
Verleih: Wildbunch Germany
Kinostart: tba

FILMKRITIK:

„Der Schauspielerberuf ist für eine Frau die schönste Möglichkeit, sich auszudrücken“, sagt Isabelle Huppert über ihre Arbeit. Seit über vier Jahrzehnten beweist die zierliche französische Filmdiva, die mit ihren Sommersprossen immer noch sehr jugendlich wirkt, das eindrucksvoll auf der Kinoleinwand. Heute zählt die gebürtige Pariserin neben Catherine Deneuve zu den Größen des französischen Kinos. Dem Madonnen-Klischee entzieht sie sich mit einer bisweilen trotzigen Haltung in provozierenden Parts. Immer öfter ist die Ausnahmeschauspielerin jetzt auch in Komödien zu sehen.
 
Mit Regisseur Mark Fitoussi ließ sich die Muse des zeitgenössischen Autorenfilms erneut auf dieses Genre ein: In der charmanten romantischen Komödie spielt die dreifache Mutter die Frau eines Rinderzüchters, die nach dem Auszug der Kinder den Ausbruch aus der Ehe wagt. Eine Paraderolle wie geschaffen für die faszinierende Darstellerin vielschichtiger Frauengestalten. Schließlich vermag die 61jährige wie keine zweite komplexe Innenwelten in physische Präsenz zu verwandeln. Erneut beweist sie damit auch ihr komödiantisches Potential. Immer noch ist sie zwar nach außen die Beherrschte, aber gleichzeitig ahnt man ihre innere Glut. Leidenschaftlich und unterkühlt zugleich, zwischen Anmut und Power, zeigte sie sich bereits in „Eine Frauensache“ als Engelmacherin und für die Regielegende Claude Chabrol in „Geheime Staatsaffären“, als Staatsanwältin.
 
Der bodenständige Xavier (Jean-Pierre Darroussin) züchtet erfolgreich Rinder in der Normandie. Seine Frau Brigitte (Isabelle Huppert) unterstützt ihn tatkräftig dabei. Doch nachdem ihre Kinder das Haus verlassen haben, belastet Brigitte die eingefahrene Alltagsroutine. Da hilft auch das scheinbar so idyllische Landleben nicht. Sie regiert mehr und mehr allergisch darauf. Körperliches Signal: Ein Ausschlag am Hals, der sich zunehmend ausbreitet. Xavier bedrängt sie umsonst einen Arzt aufzusuchen. Als ihr der junge Stan (Pio Marmaï) aus Paris über den Weg läuft, der zufällig auf einer Party im Nachbarhaus ist, funkt es plötzlich.
 
Die Aussicht auf ein amouröses Abenteuer macht ihr freilich zunächst Angst. Aber der sehnsüchtige Wunsch auszubrechen siegt. Mit der Ausrede endlich einen der empfohlenen Dermatologen in Paris aufzusuchen, lässt sie ihren Ehealltag hinter sich. In der Seine-Metropole erwartet sie dann nicht nur ein harmloser Flirt sondern nach einigen Turbulenzen mit dem Dänen Jesper (Michael Nyqvist) ein durchaus versierter charmanter Liebhaber. Erst da begreift Xavier, dass er seine Frau tatsächlich verlieren könnte. Wie können sich die beiden wiederfinden und vor allem sich als Paar nach all den Jahren neu erfinden?
 
Perfekt inszeniert Regisseur Marc Fitoussi die Chabrol-Muse in diesem prickelnden Abenteuer auf Zeit mit berührenden Zwischentönen. Humorvoll spielt seine Komödie mit der komödiantische, emanzipatorischen US-Version der französischen amour fou, der vielzitierten „comedy of remarriage“. Freilich verfügt in der Filmgeschichte wohl kaum mehr ein Film-Ehepaar je über eine so hoch entwickelte Streitkultur wie das Duo Spencer Tracy und Katherine Hepburn. Auch wenn das Zusammenspiel zwischen Huppert und dem exzellenten Jean-Pierre Darroussin nahezu genial funktioniert. Auffällig oft gönnt das französische Kino inzwischen seinen charismatischen Diven eine amouröse Auszeit. Frei nach dem Motto: „Starke Frauen altern nicht, sie genießen“ sind Catherine Deneuve oder die große Truffaut-Aktrice Fanny Ardant auch im Alter unwiderstehlich.
 
Luitgard Koch