Ermordung des Jesse James durch den Feigling Robert Ford, Die

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Die letzten Tage des Jesse James. Andrew Dominik gelingt ein meditativer und atmosphärischer Film über einen der bekanntesten Banditen US-amerikanischer Geschichte, der ohne die typischen Stilmittel eines Western auskommt. Brad Pitt und Casey Affleck glänzen in diesem Drama, das tief in die Psychologie seiner schicksalsträchtigen Figuren eintaucht.

Webseite: www.jessejames-derfilm.de

OT: The Assassination Of Jesse James By The Coward Robert Ford
USA 2007
Regie & Buch: Andrew Dominik
Darsteller: Brad Pitt, Casey Affleck, Sam Shepard, Mary-Luise Parker, Paul Schneider, Jeremy Renner, Zooey Deschanel, Sam Rockwell, Nick Cave
160 Minuten
Verleih: Warner
Kinostart: 25.10.2007

PRESSESTIMMEN:

Die Bilder sind ebenso umwerfend wie die Titeldarsteller Brad Pitt und Casey Affleck, während die Story sich mit sehr modernen Fragen der Prominez beschäftigt: Wie wird man zum Star? Wie vergänglich ist Ruhm? Wie wahrhaftig sind Mythen? Ein Traum von einem Film.
STERN

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FILMKRITIK:

Jesse James war einer der ersten amerikanischen Medienstars. In Groschenromanen und Zeitungsartikeln wurde dem Banditen und seiner James Gang große Ehrfurcht erwiesen, weil er kein gewöhnlicher Krimineller war. Angeblich soll das Ziel seiner Beutezüge stets die Banken gewesen sein, die den armen Bauern das Leben schwer machten. Doch wie man es dreht und wendet, so scheint es, als stricke sich der Mythos des Westernhelden aus einer Vielzahl von Halbwahrheiten, Märchengeschichten und mündlichen Überlieferungen, die wiederum reichlich ausgeschmückt waren. Regisseur Andrew Dominik („Chopper“) bemüht sich daher nicht um eine Dekonstruktion dieses Mythos in all seinen Facetten, sondern vielmehr um die umfassende Charakterstudie eines 34-jährigen Mannes in den letzten Wochen seines Lebens sowie der Beobachtung seines glühenden Verehrers und gleichzeitigen Mörders, dem 19-jährigen Robert Ford.
„Die Ermordung des Jesse James…“ ist kein konventioneller Westernfilm, in dem Sheriffs und Schurken sich duellieren oder Saloonschlägereien anstiften. Es gibt nicht einmal Cowboyhüte, nur elegante Zylinder oder Bowler-Hats. Alle Charakteristika für einen Western haben hier auch deshalb keine Gültigkeit, weil der Film lediglich den Anspruch erhebt ein psychologisches Drama über zwei Männer zu sein, wie sie unterschiedlicher nicht sein könnten. Jesse James (Brad Pitt), zweifacher Familienvater und Anführer der James Gang, leidet unter zunehmendem Größenwahn und Paranoia, als er in den 1870er Jahren – nach einer Vielzahl von spektakulären Raubüberfällen – einen oder mehrere Verräter unter seinen Gleichgesinnten wähnt. Das exorbitant hohe Kopfgeld welches auf ihn ausgesetzt ist jagt ihm Angst ein, vor allem in den eigenen Reihen könnte der Attentäter lauern, denen Jesse James mit Brutalität und Wortkargheit seine Macht demonstriert. Der 19-jährige Robert Ford (Casey Affleck) ist seit Kindertagen sein größter Bewunderer. Selbst das ganze Leben unter Minderwertigkeitskomplexen leidend, erkennt er ihn Jesse James die Perfektion des Outlaws und des autarken Mannes, der für ihn all das verkörpert, was er gerne wäre, doch nicht sein kann.

In über zweieinhalb Stunden erzählt Andrew Dominik in ungemein atmosphärischer Dichte von den psychologischen Konflikten seiner beiden Figuren. Das Unvermögen von Robert Ford so zu sein wie sein charismatisches Idol, spielt Casey Affleck mit solcher Zurückhaltung, dass man den inneren Zorn und das Verbergen von Gefühlen nur erahnen kann. Doch gerade darin liegt die Stärke dieses Dramas, denn auch Brad Pitt (bei den Filmfestspielen von Venedig als bester Darsteller ausgezeichnet) vermittelt die Coolness und die starke Aura seiner Figur mit angenehmer Unaufgeregtheit, die aber ebenso nicht das Brodeln und die gefährliche Lebensmüdigkeit in seinem Inneren verbirgt. Müde vom Leben, so sieht Dominik Andrews seinen Jesse James, der im Augenblick des Todes noch all die Melancholie und die Enttäuschung über die Mittelmäßigkeit seines Seins nur schwer verbergen kann. 

So ist „Die Ermordung des Jesse James…“ einer der besten Filme des Jahres geworden, in dem Brad Pitt (nach „Babel“) unter Beweis stellt, dass er endgültig im Charakterfach angekommen ist.

David Siems