Kekexili – Mountain Patrol

China / Hongkong 2004
Regie: Lu Chuan
Darsteller: Duo Bujie, Zhang Lei, Qi Liang
TelePaten Filmverleih
Dauer: 95 Minuten

Mit atemberaubenden Bildern und großer Intensität schildert Chinas Jungtalent Lu Chuan vom harten Überlebenskampf im tibetischen Hochgebirge. Die verlustreichen Kämpfe einer Wildhüter-Brigade gegen schwer bewaffnete Wilderer sind im Reportagestil erzählt und basieren auf wahren Begebenheiten.

Ga Yu, ein junger Reporter aus Peking, kommt 1996 in die abgelegene Region Kekexili, auf 5000 Meter Höhe im tibetischen Hochland gelegen, um für seine Zeitung vom dortigen Kampf der Wildhüter gegen Wilderer zu berichten. Die Aktivitäten der illegalen Jäger haben den einstmals reichen Bestand an Antilopen so sehr reduziert, dass die Tiere vom Aussterben bedroht sind. Die anfängliche Skepsis der Männer aus der freiwilligen Bergpatrouille gegenüber dem Schreiber aus Peking, kann der Reporter durch den Hinweis auf seine tibetischen Wurzeln schnell zerstreuen. Für langes Abtasten bleibt ohnehin keine Zeit. Die Wilderer haben soeben ein Mitglied der Patrouille hingerichtet und damit die Auseinandersetzung verschärft. Ri-Tai, der charismatische Anführer der Patrouille begibt sich mit einem Dutzend seiner Männer auf die Verfolgung der Mörder. Der Ausgang der gefährlichen Expedition, bei der Ga Yu die Männer begleiten darf, ist ungewiss: die schlecht ausgerüsteten und nur unzureichend bewaffneten Männer treten gegen einen gut gerüsteten Gegner an. Die größte Gefahr liegt aber in dem riesigen unbewohnten Gebiet selber. Die Vegetation ist karg und bietet nur wenigen Tieren Nahrung, so dass Mensch und Tier immer Hunger drohen. Obendrein steckt das Gelände voller Tücken, wie Treibsandlöcher oder matschige Untiefen, in denen die Jeeps versinken. Der unbarmherzige Winter steht vor der Tür und lässt jeden Fehler zur tödlichen Falle werden.

„Ich wollte einen Film über das Überleben machen.“ Diesem Anspruch wird Lu Chau mehr als gerecht. Sein im Reportagestil erzählter Film verdeutlicht an eindringlichen Beispielen überaus anschaulich, wie fragil das Leben in dieser Grenzregion ist. Wenn die Männer beim Sturm auf eine am anderen Ufer des Flusses lagernde Gruppe von Wilderern zuerst Schuhe und Hosen ausziehen, mag das im ersten Moment komisch aussehen. Doch nasse Kleidung sorgt dort im Hochgebirge genauso viel für Lebensgefahr wie eine Kugel.  Was es für die Männer heißt, wenn das Auto durch eine Unachtsamkeit kaputt geht, zeigt Lu Chau ebenso, wie die dramatischen Folgen eines Fehltritts bei Treibsand. Dadurch, dass hier nichts beschönigt wird, gewinnt jeder Augenblick unter freiem Sternenhimmel, jede Rettung eines Gefährten, ungeheuer an Wirkung. Es scheint, dass das ungewisse Schicksal angesichts der harten Lebensumstände die Menschen dankbar und demütig macht. Lu Chan erweist sich bei der Konzeption seines Filmes aber auch als geschickter Diplomat. In dem er den Aspekt des Naturschutzes hervorhebt, bekommt der Film eine universelle Ausrichtung und rückt die Problematik des Chinesisch-Tibetischen-Konflikts in den Hintergrund. Und selbst die Wilderer werden bei ihm nicht als bloße Schlächter gezeichnet, sondern als einfache Bauern, die der Kampf ums Überleben in die falsche Richtung trieb. Wer bei dem Film die dramaturgische Dichte eines klassischen Abenteuerfilms vermisst, wird dafür mit einer authentischen Dramatik entschädigt, die jeden Hollywoodreißer harmlos aussehen lässt. Kaum weniger spektakulär als die eigentliche Story, gestalteten sich die Dreharbeiten auf der Hochebene. Was das Team dem dortigen Terrain an Bildern abgetrotzt hat, ist überwältigend. In der schier unendlichen Berglandschaft scheint der Mensch bedeutungslos. Die Relationen zurechtgerückt und dabei das Schicksal des Menschen immer im Auge behalten zu haben, macht den Film so bemerkenswert.

Norbert Raffelsiefen