Hochzeits-Komödien kommen selten über läppische Zoten und schlüpfrige Späße hinaus. Dabei geht es durchaus auch ohne tiefergelegte Komik. Eine Gruppe von sechs Außenseitern, die bei der Vermählungsfeier auf den Katzentisch abgeschoben werden, entwickelt überraschend Gemeinsamkeiten. Hinter den vermeintlichen Versager-Fassaden offenbaren sich ebenso anrührende wie amüsante Geschichten, die von einem spielfreudigen Ensemble situationskomisch und dialogstark in Szene gesetzt werden: „The Breakfast Club“ lässt grüßen.
Webseite: www.table19-derfilm.de
USA 2017
Regie: Jeffrey Blitz
Darsteller: Anna Kendrick, June Squibb, Craig Robinson, Lisa Kudrow, Amanda Crew, Stephen Merchant
Filmlänge: 88 Minuten
Verleih: Fox
Kinostart: 7.9.2017
FILMKRITIK:
Zur verspielten Version von Vivaldis „Die vier Jahreszeiten“ erhalten sechs, darunter etwas sonderbare Gäste die Einladung zu einer glamourösen Vermählungsfeier. Gemeinsam ist dem unterschiedlichen Sextett, dass alle am titelgebenden Table 19 platziert sind, jenem undankbarsten Ort im Festsaal, der sich in Geruchsnähe der Toiletten und fern der Braut befindet. Hier werden die Außenseiter der Party geparkt, die eher geduldet als wirklich willkommen sind.
Auf dieser Liste der Loser finden sich: Rentnerin Jo, das einstige Kindermädchen der Braut. Lisa und Craig, ein sehr streitlustiges Ehepaar und Zufallsbekanntschaft des Brautvaters. Teenager Tony, der auf Anraten der strengen Mama hier endlich einmal Flirtchancen finden soll. Cousin Walter, ein angeberischer Geschäftsmann, der gerade aus dem Knast kommt. Last not least Eloise, die Organisatorin der Feier und beste Freundin der Braut. Von deren Bruder und Trauzeugen hat sie unlängst getrennt, womit Eloise an der Hochzeitstafel öffentlich degradiert wurde.
Der unbeholfene Smalltalk am Katzentisch will zunächst keine rechte Stimmung aufkommen lassen. Dank der betagten Nanny ändern sich die Dinge jedoch überraschend. Bald vertrauen die Verbannten sich ihre intimsten Geheimnisse an. Es wird gekichert, gekifft und noch mehr gekichert. Immer mehr entwickeln sich diese verqueren Anti-Helden zu Sympathieträgern mit bewegenden Schicksalen. Hinter den vermeintlichen Versager-Fassaden offenbaren sich ebenso anrührende wie amüsante Geschichten, die situationskomisch und dialogstark in Szene gesetzt werden: „The Breakfast Club“ lässt grüßen.
So ganz konsequent halten die Macher ihr freches Konzept allerdings nicht durch und knicken bisweilen bei Genre-Konventionen ein. Diverse seichte Sitcom-Gags sowie das melodramatische Herz-Schmerz-Finale („Ich möchte von niemand anderem enttäuscht werden als von dir!“) lassen sich allerdings verschmerzen bei einer insgesamt originellen Outsider-Story, die temporeich daherkommt sowie ein auffallend spielfreudiges Ensemble bietet. Der leinwandpräsenten Anna Kendrick als liebeskranke Eloise hat ihr charmantes Comedy-Talent bei George Clooneys „Up in the Air“ einst eine Oscar-Nominierung beschert. Diese bekam auch Oma Jo alias June Squibb für „Nebraska“, ebenso wie Regisseur Jeff Blitz für seine Vorlese-Doku „Spellbound“. Tony Revolori gibt den schüchtern schrägen Teenager so lakonisch wie damals den Lift-Boy in „The Grand Budapest Hotel“. Und wem der Macho-Bruder der Braut bekannt vorkommt: Wyatt Russell ist der Sohn von Kurt Russell und Goldie Hawn.
Dieter Oßwald