The Oak Room

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Es gibt Perlen, die man bergen kann, man muss nur nach ihnen suchen. Dann findet man Filme wie „The Oak Room“, der mehr als drei Jahre nach seinem Festivaldebüt auch in die deutschen Kinos kommt. Geboten ist ein gewieftes Kammerspiel, das Geschichten innerhalb von Geschichten erzählt, als ein Mann in eine Bar kommt und mit dem Barkeeper ein Gespräch beginnt.

Webseite: https://dropoutcinema.org/

USA 2020
Regie: Cody Calahan
Buch: Peter Genoway
Darsteller: RJ Mitte, Peter Outerbridge, Ari Millen

Länge: 90 Minuten
Verleih: Drop-Out Cinema
Kinostart: 7. Dezember 2023

FILMKRITIK:

Es ist Winter, es ist spät, es ist saukalt und die Bar schließt gleich. Aber Steve kommt gerade noch rechtzeitig auf einen letzten Drink. Der Barkeeper Paul kennt ihn. Steve ist der Sohn seines besten Freundes, den er beerdigt hat, während Steve nicht auftauchte, um seinem alten Herrn die letzte Ruhe zu erweisen. Jetzt ist Steve hier, um etwas abzuholen, Paul ruft jedoch noch jemanden an, der eine Rechnung mit Steve begleichen will. Bis der Mann ankommt, erzählt Steve eine Geschichte, deren Bedeutung Paul zu spät klar wird.

Es ist ein elegantes Kammerspiel, das hier geboten ist. Das ist auch visuell reizvoll, weil der Schnitt exakt gesetzt ist und Szenen immer wieder unerwartet verlaufen. Vor allem lebt der Film aber von den beiden Hauptdarstellern. RJ Mitte, der Sohn von Walter White in „Breaking Bad“, ist besonders gut. Die narrative Struktur ist es aber auch. Denn Steve erzählt nicht nur eine Geschichte, die Hauptfigur seiner Geschichte erzählt auch eine Geschichte. Später erzählt Paul eine Geschichte, und auch die ist verschachtelter, als man meinen sollte.

„The Oak Room“ bricht mit erzählerischen Regeln, indem eine Geschichte in einer anderen eingebettet ist, und es dann auch noch Rückblicke gibt. Die Montage des Films ist sehr interessant. Das allein hätte aber nicht gereicht. Die Dialoge sind gut. Es sind starke Gespräche, die hier geboten sind. Solche, die ehrlich und authentisch anmuten, vor allem aber auch welche, die mit einer gewissen Doppeldeutigkeit daherkommen.

Denn man ahnt, dass die Geschichte anders verlaufen wird, als man zuerst denkt. Dabei wird man sanft zu dem Ende hingeführt, das Autor Peter Genoway sich vorstellte. Das Ende ist dann leider aber das Element, das dem Film etwas den Boden unter den Füßen wegreißt. Sicher, man kann in diese letzten Bilder einiges hineindeuten, aber ein klein wenig mehr Klarheit wäre schön gewesen.

Denn so mutet der Film an, als wäre das eigentliche Ende vergessen worden. Als müsste noch etwas kommen, nur dass es das nicht tut. Am Ende ist es einfach ein bisschen zu wenig, das geboten ist, und das wiederum schadet „The Oak Room“ als Ganzes. Das ist umso bedauerlicher, weil der Film mehrheitlich ein wirklich packendes, spannendes, wohlgeformtes Kammerspiel ist.

 

Peter Osteried