Unser täglich Brot

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Eine filmische Meditation über die Welt der industriellen Nahrungsmittelproduktion. Zum Rhythmus von Fließbändern und riesigen Maschinen zeigt der Film Orte, an denen Nahrungsmittel produziert werden: Für Fahrzeuge optimierte, surreale Landschaften; sterile Räume in funktioneller, industrieller Architektur, für logistisch-effiziente Abläufe entwickelt.

Webseite: www.unsertaeglichbrot.de

Österreich 2005
Dokumentarfilm
Regie, Buch, Kamera: Nikolaus Geyrhalter
Schnitt, uch: Wolfgang Widerhofer
Format: 1:1,85
Länge: 92 Min.
Verleih: Alamode Film
Start: 18. Januar 2007

Preise (Auswahl):
Internationales Dokumentarfilm Festival Amsterdam 2005: Spezialpreis der Jury; Visions du Réel Nyon 2006: John-Templeton-Spezialpreis;
Internationales Film Festival Athen 2006: Bester Film

PRESSESTIMMEN:

 

Ein Bilderschock von der industriellen Herstellung der Lebensmittel, die wir täglich essen.
Cinema

Der in ungewöhnlichem Rhythmus montierte Dokumentarfilm führt in komplexe und geheimnisvolle Bilderwelten, konfrontiert mit einer ins Destruktive umgeschlagenen Kreativität und regt zum Nachdenken über den biblischen Schöpfungsauftrag an. - Sehenswert ab 16.
film-dienst

Ein außergewöhnlicher Dokumentarfilm über die Lebensmittelindustrie... Fast meditativ tasten sich die Bilder voran und regen so weit mehr zum Nachdenken über die Zusammenhänge zwischen Bevölkerungswachstum, Globalisierung, Konsum und Nahrungsmitelindustrie an, als die zahllosen Features zu jedem neuen Fleischskandal. - Herausragend!
tip Berlin

"Film des Monats" der Jury der Evangelischen Filmarbeit
- Zur Filmempfehlung hier...

Ungewöhnlicher Dokumentarfilm, der in kühlen und kommentarlosen Bildern, ohne Interviews oder Musik, Szenen  aus der modernen Lebensmittelindustrie präsentiert, vom Tomatenanbau bis zur Rinderschlachtung. Anstrengend, zum Teil schockierend - ein Erlebnis.
KulturSPIEGEL

FILMKRITIK:

Sollten die Bewohner einer fernen Galaxie diesen Film in ein paar hundert Jahren sehen, schütteln sie vermutlich ihre Häupter über die merkwürdigen Erdbewohner, die ergeben, perfekt und stumm wie Ameisen ihr Leben absicherten. Nikolaus Geyrhalter betrachtet die europäischen Stätten der Nahrungsmittelindustrie ebenso distanziert wie Philip Gröning die Rituale der Karthäusermönche. In aller Ruhe entfaltet er eine eigene Ästhetik für Masse, Weite und Organisation. Seine Beobachtung der Produktionsabläufe des Säens, Erntens und Schlachtens irritiert in ihrer Nüchternheit.

92 Minuten verstreichen ohne Kommentar, beiläufige Arbeitsgespräche ordnen sich den Geräuschen der Maschinen unter. Geyrhalters Bestandsaufnahme lässt die Zuschauer im Freien und Kalten stehen mit dieser Anhäufung an Einblicken und Einsichten in die Ausmaße und Normalität des Züchtens und Tötens.
 

Riesige Hallen voller Paprikastauden, Spargelhügel bis zum Horizont,Traktoren mit enormen Auslegern, piepsende Küken, die über Fließbänder in Körbe katapultiert, dann wie Äpfel sortiert werden. Oder das konzentrierte nächtliche Einsammeln von Kartoffeln und Kohlköpfen, künstliche Befruchtungen, Legebatterien oder künstlich zum Verblühen gebrachte Sonnenblumenfelder. Eine gespenstische Fahrt tief hinab in einen Salzstollen, der imposant wie ein Marmorsteinbruch ist, wird auch durch das Geplauder der zwei Arbeiter im Fahrstuhl wieder normalisiert. Ein Mann sägt einen Bullen in zwei Hälften und greift gleich darauf zum Handy. Am Ende das sorgfältige Säubern der blutigen Schlachtfließbänder. Nicht nur hier zeigt sich die längst normalisierte Manipulation der Natur in ihrer vollen Bandbreite. Pflanzen und Tiere nehmen dabei den gleichen Status als Opfer ein.

Geyrhalter hält das künstlich forcierte Wachstum in ästhetischen Panoramen fest. Die gigantischen Erntemaschinen erinnern an die Felder mit den Brutkästen in „Matrix“, die Sicht auf liebliche Olivenhügel an die sprachlose Beschaulichkeit der Kiarostami-Filme, die Abhängigkeit von der Technik an „Modern Times“, die Naturbeobachtungen an „Deep Blue“.

Die Kamera bleibt immer in respektvollem Abstand zu ihren Objekten, verwendet keine Zooms,  zeigt eine verstörende Balance von Perfektion, Harmonie und Lebensverachtung. Als Intermezzi dienen die Mahlzeiten der Arbeiter. Ebenso teilnahmslos wie sie ihre Arbeit verrichten, verspeisen sie ihr Brot. Wie trostlos die jeweilige Kantinen- oder Behelfsumgebungen derjenigen sind, die Lebensmittel produzieren, unterstreicht den erbarmungslosen Kreislauf.

Geyrhalter nennt weder Orte noch Firmen. Am Schluss steht nur die vage Angabe: Gedreht in Europa zwischen Oktober 2003 und Oktober 2005. In seiner perfekt statischen Aufnahmequalität mit HDCAM zieht er Bilanz, ohne anzuprangern oder direkt zu hinterfragen. Damit erreicht er vermutlich weniger Publikum als der ebenfalls die Nahrungmittelindustrie vorführende Star-Ensemblefilm „Fast Food Nation“, aber gewiss nicht weniger Wirkung.

Dorothee Tackmann