Ihr Name ist Sabine

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Sandrine Bonnaires erste Regiearbeit ist ihrer autistischen Schwester Sabine gewidmet. Bonnaire wechselt Filmaufnahmen aus Sabines Jugend, als das Mädchen noch zuhause wohnte und niemand ihre Krankheit benennen konnte, mit Aufnahmen aus der Gegenwart ab. Dazwischen liegt ein fünfjähriger Psychiatrieaufenthalt, der Sabine drastisch verändert hat. Aus dem schlanken lebhaften Mädchen ist eine schwergewichtige apathische Frau geworden. Der Kontrast ist schockierend, aber um die Schockwirkung geht es Bonnaire nicht. IHR NAME IST SABINE ist ein kluger, zurückhaltender Film, der vorsichtig Themen wie Schuld, Trauer und Anerkennung behandelt.

Webseite: eyzmedia.de

Originaltitel: Elle s’appelle Sabine
Frankreich 2007
Regie und Buch: Sandrine Bonnaire
Kamera: Sandrine Bonnaire, Catherine Cabrol
Länge: 85 Minuten
Verleih: BFILM Verleih
Startermin: 29.1.2009

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

In ihrem Debütfilm porträtiert Sandrine Bonnaire (LE COU DE LA GIRAFE, BIESTER, MONSIEUR HIRE, LES INNOCENTS) ihre kleine Schwester Sabine, die heute 38 Jahre alt ist und auf dem Land in einem Heim für geistig behinderte Menschen lebt. Schon als Kind war Sabine ‚schwierig’, launisch, abwesend, aggressiv, aber eine Diagnose gab es nicht. Erst 30 Jahre später diagnostizieren die Ärzte Autismus.

Sabine wächst mit ihren Geschwistern auf, die ihre Andersartigkeit als Macke hinnehmen. Zeitweise besucht Sabine mit ihnen zusammen die normale Schule und lernt Lesen und Schreiben, aber als sie zu aggressiv wird, nimmt die Mutter sie zu sich nach Hause. Sabine liest viel, bildet sich weiter, nimmt Klavierunterricht und lernt sogar Motorradfahren. Und eines Tages erfüllt Sandrine der Schwester ihren größten Wunsch und schenkt Sabine eine Reise in die USA. Sie filmt die Reise.

Die halbwegs funktionierende Welt bricht zusammen, als der Bruder stirbt, die Mutter wegzieht und Sabines soziales Umfeld sich drastisch verändert. Sabine wird gewalttätig, kommt schließlich in eine psychiatrische Anstalt und wird mit Medikamenten ruhig gestellt. Als sie die Anstalt fünf Jahre später wieder verlässt ist sie 30kg schwerer, apathisch und aggressiv. Das schlanke, fröhliche Mädchen mit dem leicht irren, aber wachen Blick ist kaum wiederzuerkennen.

Sandrine Bonnaire erzählt die Geschichte ihrer Schwester als eine Art Spurensuche in Bildern. Damals und Jetzt und die Leerstelle dazwischen. IHR NAME IST SABINE beginnt mit Aufnahmen aus Sabines Kindheit und Jugend. Sabine beim Schwimmen, Sabine beim Tanzen, Sabine lacht. Dann folgen Bilder von heute. Obwohl Sabine schon weniger Medikamente nimmt und sich wieder etwas von ihrem Krankenhausaufenthalt erholt hat, ist der Kontrast schockierend. Unweigerlich sucht man in der neuen Sabine Lebensfreude und Charakter der alten Sabine. Hier und da entdeckt man sie auch ganz von ferne aber dennoch ist klar, dass es keinen Weg zurück gibt.

Sandrine selbst tritt nie in Erscheinung. Sie überlässt Ihrer Schwester das Bild und passt das Tempo ihrer Erzählung dem gemächlichen Rhythmus der Hausgemeinschaft an. Hin und wieder fügt Bonnaire im Off einen Gedanken hinzu und erzählt von ihrer gemeinsamen Kindheit, von der Hilflosigkeit der Familie und von der Suche nach einem angemessenen Heim für Sabine. Dabei ist sie sehr zurückhaltend. Respektvoll beobachtet sie Sabine und ihre Umgebung und überlässt es den Zuschauern, Fragen zu formulieren und sich selbst Gedanken zu machen.

Hendrike Bake

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