Ashes of Time: Redux

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Ein 15 Jahre alter Film von Wong Kar-Wai und doch eine Premiere. Zig Versionen kursierten von Wongs Schwertkampffilm, der in Deutschland nie in die Kinos kam. Nun überarbeitete der Regisseur sein intimes Epos, restaurierte Farben und Musik, kürzte eher plakative Kampfszenen und ermöglicht nun endlich „Ashes of Time“ so zu würdigen, wie es der Film verdient: Als einen der besten Filme in Wong Kar-Wais ohnehin schon reichem Oeuvre.

Webseite: www.splendid-entertainment.de

Hongkong 1994/2008
Regie und Buch: Wong Kar Wai
Kamera: Christopher Doyle
Darsteller: Leslie Cheung, Brigitte Lin, Tony Leung Chiu Wai, Tony Leung Kar Fai, Carina Lau, Jackie Cheung, Maggie Cheung
93 Minuten, Format: 1:1,85
Verleih: Splendid/ Twentieth Century Fox
Kinostart: 10. September 2009
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Wong Kar-Wai ist bekannt dafür, bis zum letzten Moment (und oft auch darüber hinaus) an seinen Filmen zu arbeiten. Legendär ist die verschobene Cannes-Vorführung von „2046“, der dann doch nur als work in progress gezeigt wurde und sich in seiner endgültigen Form ein paar Monate später noch einmal deutlich verändert hatte. Diese Art der Arbeit, der Beginn der Dreharbeiten nur mit einer losen Idee, die sich bisweilen komplett ändert, das Experimentieren mit allen Variationen der Figurenkonstellationen, das endgültige Finden des Films erst während des Schnitts, ist seit jeher Wongs Arbeitsprinzip. 1994 entstand „Ashes of Time“ als große Produktion, nachdem Wong nach „Days of Being Wild“ der neue Stern am Hong Konger Autorenhimmel war. Doch die Arbeit an entlegenen Sets in China zog sich immer länger hin, Wong war der Erschöpfung nah. Quasi zur Ablenkung, zur Erholung entstand „Chungking Express“, der Film, der ihn international bekannt machte. Zwar wurde „Ashes of Time“ kurz darauf mehr oder weniger beendet, doch als Nachfolger der flirrenden Großstadtbilder, mit ihren grellen Neonfarben und der hyperaktiven Kamera, wirkte „Ashes of Time“ wie ein Fremdkörper. Inzwischen jedoch, nachdem Wong von „Happy Together“ über „In the Mood for Love“ bis hin zu seinem Meisterwerk „2046“, die in seinen Filmen schon immer angelegte Melancholie immer mehr zum bestimmenden Element seiner Filme entwickelt hat, fügt sich „Ashes of Time“ nahtlos in Wongs Oeuvre ein.

In jeder Hinsicht ist dies ein typischer Wong Kar-Wai Film. Inhaltlich erzählt der Film eine beim ersten Sehen kaum zu entschlüsselnde Geschichte von sechs, sieben Hauptfiguren, die auf schicksalhafte Weise verbunden sind. Es sind Schwertkämpfer, die in abgelegenen Wirtshäusern auf einen Auftrag warten, der großen Liebe hinterher trauern, Rache für tatsächlich oder vermeintlich erlittenes Unrecht nehmen wollen, langsam erblinden, durch einen speziellen Trunk ihr Gedächtnis – und damit ihre Erinnerung an eine unglückliche Liebe – verlieren.

Das Motiv der verpassten Gelegenheit, der unerwiderten Liebe, die zu früh oder zu spät kommt, bestimmt auch diesen Film von Wong Kar-Wai. Er führt die These, dass gute Regisseure immer den gleichen Film drehen auf die Spitze. Nicht nur sind alle seine Filme Variationen dieser Themen; jeder einzelne Film ist in seiner episodisch strukturierten Handlung, die immer auf zahlreiche Figuren verteilt ist, eine Sammlung von Mikrovariationen dieses Motivs. Unterstützt wird dieser Eindruck dadurch, dass Wong auch hier mit Schauspielern arbeitet, die zumeist regelmäßig, oft als kaum unterscheidbare Charaktere in seinen Filmen auftauchen: Allen voran Tony Leung Chiu Wai und Maggie Cheung die inzwischen fünf bzw. sechs Mal mit Wong Kar Wai gearbeitet haben.

Und auch Christopher Doyle stand hier hinter der Kamera und lieferte flirrende Bilder von Landschaften und Gesichtern. In der nun finalen Version sind ein Großteil der Kampfszenen gekürzt, die Genreelemente also noch stärker reduziert, als es ursprünglich der Fall war. Nur noch lose Andeutungen verbinden „Ashes of Time“ mit einem Schwertkampffilm, Genremotive und –typen werden Wongs Interessen untergeordnet, der mit dieser Verbindung aus Autoren- und Genrefilm seiner Zeit voraus war. Acht Jahre später begann Zhang Yimou mit „Hero“ (ebenfalls mit Doyle als Kameramann) seine epische Phase, und momentan arbeiten mit Jia Zhang-Ke und Hou Hsiao-Hsien zwei der interessantesten Regisseure unserer Zeit an Historienfilmen. „Ashes of Time: Redux“, ein Meisterwerk, das nun endlich auch in Deutschland im Kino zu sehen ist.

Michael Meyns

Der Starregisseur Wong Kar Wai hat nach 15 Jahren in aller Welt noch einmal die Kopien seines „Klassikers“ Ashes of Time zusammengesucht und den Film neu herausgebracht.

Es geht darin um Ou-yang Feng, der sich nach Jahren des Kämpfens in die Wüste zurückzieht und dort ein Gasthaus betreibt. Er beschäftigt sich aber vorwiegend mit Auftragsmorden. Fremde und Freunde besuchen ihn. Einer davon wartet mit einem Wein auf, der die Vergangenheit vergessen lässt.

Ein Freund, Huang, erzählt, er habe vor geraumer Zeit dem Kämpfer Yang versprochen, seine Schwester Yin zu heiraten, jedoch sein Versprechen nicht gehalten. Deshalb bittet Yang nun Feng, Huang zu töten. Feng erkennt langsam mit Erstaunen, dass Yin und Yang dieselbe Person sind. Paradoxerweise bittet die eine dieser beiden gleichen Personen Feng, Huang zu schützen.

Ein Mädchen taucht auf und ersucht Feng, ihren ermordeten Bruder zu rächen. Der Lohn: Eier und ein Maultier. Feng braucht jedoch Geld, lehnt deshalb ab. Höchstens für Sex würde er es tun. Nun lehnt sie ab. Und wartet. Sicher, so nimmt sie an, wird ihr jemand helfen. Und tatsächlich könnte der Kämpfer Hung Chi die Rache vollenden.

Feng ist hinter Pferdedieben her. Er verbündet sich dazu mit einem Schwertkämpfer, der jedoch fast erblindet ist und nach Hause möchte, um seine Frau noch einmal zu sehen. Der Mann wird getötet. Der nächste Kämpfer „trägt ungern Schuhe“. Doch mit ihm ist die Jagd auf die Pferdediebe von Erfolg krönt.

Wong Kar Wai scheint sich um die etwas wirre und schwer verständliche, ja fast unverständliche Handlung wenig gekümmert zu haben. Ihm sind die aufregenden Bilder von Christopher Doyle wichtig, die Großaufnahmen der Gesichter, der schnelle (manchmal zu schnelle) Schnitt, die schönen Frauen, die rasanten Kämpfe, die Landschaftstableaux. Nicht zu vergessen die beträchtliche Anzahl weiblicher und männlicher Stars. Das sind die Stärken des Regisseurs. An vielem fehlt es aber bei diesem „Redux“.

Könnte für Kenner der Hongkonger Kampffilm-Historie noch von einem gewissen Interesse sein.

Thomas Engel