Dorflehrer, Der

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In seinem dritten Langfilm beweist der tschechische Regisseur Bohdan Slama erneut sein erzählerisches und stilistisches Talent. Auch wenn Geschichte und Stil von „Der Dorflehrer“ nicht immer zueinander passen wollen, überzeugt die Erzählung um Liebe, Sexualität und das nicht immer beschauliche Leben auf dem Dorf durch ihre Schauspieler und die unaufgeregte Atmosphäre.

Webseite: www.der-dorflehrer.de

OT: Venkovsky Ucitel
Tschechien 2008
Regie: Bohdan Slama
Buch: Bohdan Slama
Darsteller: Pavel Liska, Zuzana Bydzovska, Ladislav Sedivy, Tereza Voriskova, Milos Cernousek, Zuzana Kronerova
Länge: 110 Min.
Verleih: Neue Visionen
Kinostart: 27. August 2009
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Gleich in seiner ersten Stunde als Biologielehrer einer Schulklasse auf dem Dorf, offenbart der gut 30jährige Lehrer Petr die Essenz des Films. Er erläutert seinen Schülern anhand von Schneckenhäusern die Vielfalt der Natur, die aus allen Menschen Individuen macht, die ihrem Wesen folgen müssen, um Zufriedenheit zu erlangen. Zunächst wirkt diese Szene kaum von Bedeutung, doch wie alles in diesem Film, ist sie voller unterschwelliger Symbolik. Bald nämlich erfährt man recht nebenbei, dass Petr schwul ist und wohl deswegen seine Stelle in Prag verlassen hat. Auf dem Land sucht er nach Zuflucht, nach Ruhe, vielleicht auch nach einem neuen Anfang. Und sicherlich auch nach Schutz vor seinem Ex-Freund, der ihn jedoch bald besucht. Und mit ihm tritt Petr Vergangenheit, seine Neigung wieder in sein Leben. Der namenlose Ex-Freund sorgt für Chaos im Dorf, besonders in der Familie von Marie. Mit der resoluten Bäuerin und besonders ihrem Sohn Lada hatte sich Petr schnell angefreundet, zunächst aus angedeutetem hetero, dann aus offensichtlichem homosexuellem Interesse.

Das extrem zurückhaltende Spiel von Pavel Liska macht es nicht einfach wahrzunehmen, wie Petr um Zurückhaltung kämpfen muss, wie er seine Lust unterdrücken will. Er freundet sich mit Lada an, rein platonisch, als Lehrer, doch irgendwann kann er nicht an sich halten und die Situation eskaliert. Doch Slama wäre nicht der bedächtige, leicht melancholische, aber vor allem nicht melodramatische Erzähler, wenn es in seinem Film zu extremen Gefühlsausbrüchen kommen würde. Sein Interesse gilt vielmehr dem langsamen Wandel von Stimmungen und Emotionen. So endet „Der Dorflehrer“ wie er begonnen hat, mit einer Schulstunde über Schnecken, die diesmal eine Bedeutung hat, die am Anfang noch nicht absehbar war.

Gedreht wurde der Film in einem Dorf außerhalb von Prag, voller malerischer Landschaften, wunderbarem Licht und weiten Feldern, durch deren Schönheit die Melancholie der Figuren noch größere Prägnanz erlangt. Dazu wählte Slama einen extremen Stil: Er hat es sich zum Ziel gesetzt jede Szene in einer Einstellung zu präsentieren. Bisweilen führt das zu minutenlangen Einstellungen in denen die Kamera von einer Person zur nächsten und wieder zurückschwenkt, langen Totalen und ununterbrochenen Dialogsequenzen. Bisweilen funktioniert dieser Stil gut, sorgt er für eine zusätzliche Konzentration auf das Wesentliche. Manchmal aber zeigt sich das immanente Problem dieses Stils, der dann zu einer forciert wirkenden Ästhetik führt. Manche Szenen, manche Handlungen der Figuren wirken nicht natürlich, sondern zum Zweck einer ununterbrochenen Einstellung inszeniert. Diese Stilisierung wäre bei einer ebenso stilisierten Geschichte weniger auffällig, angesichts der subtilen Erzählweise Slamas, stechen sie jedoch als Bruch der filmischen Welt heraus. Das ist ein bisschen Schade, etwas weniger stilistische Ambition hätte dem Film nicht geschadet, im Gegenteil. Das und vor allem wie Slama in „Der Dorflehrer“ erzählt, hätten vollkommen gereicht um seinen Film zu etwas besonderem zu machen.

Michael Meyns