Looking for Eric

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Nach dem Flop ist vor dem Flop – die alte „Fußball-im-Kino-geht-nicht“-Weisheit gilt als goldene Regel. Doch seit wann würde ein Ken Loach sich schon an Regeln halten? Nach seinen herben Sozialdramen überrascht der Brite nun mit einer vergnüglichen Komödie. Der verzweifelte Briefträger Eric erobert sich mit Hilfe des Fußball-Stars Eric Cantona (leibhaftig) und viel Solidarität der Kollegen seine kleine Welt und sogar die große Liebe zurück – und Ken Loach eroberte damit ganz gekonnt Cannes: Diesmal gab’s zwar kein Gold, aber dafür reichlich Beifall und rauschenden Szenenapplaus, quasi die „Palme der Herzen“ für ein (im doppelten Wortsinn) märchenhaftes Feelgood-Movie.

Webseite: www.delphi.film.de

GB 2009
Regie: Ken Loach
Drehbuch: Paul Laverty
Kamera: Barry Ackroyd
Darsteller: Steve Evets, Eric Cantona, Stephanie Bishop, Gerard Kearns, Stefan Gumbs.
Länge: 119 Minuten
Verleih: Delphi Filmverleih
Start: 5.11.2009

Weltpremiere Festival de Cannes 2009

PRESSESTIMMEN:

Eine herzerfrischende Komödie. Sehr sehenswert!
ZDF Heute Journal

Ein entspannter Film über die Kraft der Fantasie und die Solidarität der Herzen.
Cinema

…wahrt seine Balance aus Komik und Ernsthaftigkeit bis zum Ende, wofür es (auf dem Festival in Cannes) rauschenden Beifall gab.
Berliner Zeitung

FILMKRITIK:

Eric Bishop, der Briefträger aus Manchester hat es nicht leicht als alleinerziehender Vater mit zwei Teenagern. Nicht zu vergessen, dass er der Trennung von seiner großen Liebe Lily seit langen Jahren nachtrauert, zum Neuanfang aber viel zu feige ist. Die Lage verschärft sich, als einer der aufmüpfigen Söhne immer tiefer in die Kriminalität abzurutschen droht, sogar eine Waffe ist nun im Spiel. Der Vater reagiert so hilflos wie frustriert. Vergeblich versuchen die Kollegen bei der Post, ihren verzweifelten Kumpel wieder aufzurichten, doch der ist bald am Rande eines Nervenzusammenbruchs. Zum Glück findet der Postbote Trost bei einem anderen Eric, bei Eric Cantona, dem legendären Fußballstar von Manchester United. Wie ein Engel erscheint dem Briefträger (nach etwas Cannabis-Genuss aus dem Versteck des Stiefsohns) sein großes Idol und erteilt gute Ratschläge. Dem coolen Kicker als Berater sei Dank, gibt es bald wieder Hoffnungsschimmer im tristen Leben des Briefträgers, am Ende triumphiert man gar in einer wunderbaren Aktion von Solidarität gemeinsam gegen das Böse: alle Postler gemeinsam demolieren, mit einheitlicher Cantona-Maske über dem Gesicht, das protzige Domizil des lokalen Drogenbosses und drohen, dessen Gesichtsverlust als Video bei YouTube ins Netz zu stellen.

Was nach Seifenoper und Kitsch klingen könnte, verliert bei Loach nie den Boden der Wirklichkeit. Sein langjähriger Drehbuch-Partner Paul Laverty entwirft sein sozialromantisches Märchen ohne belehrende Webfehler, dafür mit geschliffenen Dialogen sowie reichlich Gespür für Situationskomik. Sei es mit dem amüsanten Rollenspiel der Postler, die gerne Gandhi, Sinatra oder Mandela wären. Oder mit jenen guten Ratschlägen, die kaum mehr als Kalendersprüche sind, aber dennoch verblüffende Wirkung beim frustrierten Helden zeigen: „Wer Angst vor dem Würfeln hat, wirft nie eine Sechs“ heißt es etwa, oder: „Teamwork ist alles“.

Für das Teamwork mit seinen exzellenten Schauspielern ist Regie-Altmeister Loach seit jeher bekannt, mit dem Einwechseln der exzentrischen Fußball-Ikone Cantona gelingt ihm nun ein echter Coup. Während seine Starkicker-Kollegen von Beckenbauer bis Pelé auf der Leinwand bekanntlich selten mehr als hölzerne Amateurliga-Lachnummern boten, verfügt Cantona über das notwendige Charisma und, fast noch wichtiger, die erforderliche Prise an Selbstironie. „Ich bin kein Mensch, ich bin Cantona“, erklärt er da augenzwinkernd seinem größten Fan Eric, um wenig später mit seiner Trompete die Marseillaise zu trällern.

Erstmals seit gut 20 Jahren entscheidet sich der Maestro des sozialen Arbeiterdramas für die Form der Komödie, einer romantischen obendrein. Mit erstaunlicher Leichtigkeit hält Loach dabei die Balance aus Witz und Verzweiflung und präsentiert einen warmherziger Wohlfühlfilm voll Realismus der märchenhaften Art. Die Fußball-Regeln fürs Kino dürften nun wohl neu geschrieben werden… 

Dieter Oßwald

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