The Visitor

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Auch in seinem zweiten Film nach dem erfolgreichen „Station Agent“, beweißt Tom McCarthy großes Gespür für Menschen und Emotionen. Mit Hauptdarsteller Richard Jenkins hat er die ideale, zurückhaltende Projektionsfläche für eine Geschichte gefunden, die vom Ausbruch aus dem eingefahrenen Trott und den Missständen der amerikanischen Gegenwart erzählt.

Webseite: www.centralfilm.de

USA 2007
Regie: Tom McCarthy
Drehbuch: Tom McCarthy
Musik: Jan A.P. Kaczmarek
Darsteller: Richard Jenkins, Haaz Sleiman, Danai Jekesai Gurira, Hiam Abbass, Marian Seldes, Maggie Moore
Länge: 104 Min.
Verleih: Pandastorm Pictures, Vertrieb: Central
Kinostart: 14. Januar 2010
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Wie Richard Jenkins aussieht, weiß jeder Kinogänger, wie er heißen nur die wenigsten. Seit Jahren ist Jenkins vor allem in Nebenrollen zu sehen, hat bei Woody Allen, Mike Nichols und den Coen-Brüdern gespielt und war vor allem eins: unauffällig. Insofern ist er die ideale Besetzung für die Rolle in „The Visitor“, die ihm mit 60 Jahren seine erste Oscar-Nominierung bescherte.

Er spielt Walter Vale, einen verwitweten Universitätsprofessor, der seit Jahren denselben Kurs in Wirtschaftswissenschaften hält und längst auf Autopilot lebt. Er ist ein durchschnittlicher Mensch, an seiner Umgebung, den Nöten anderer Personen desinteressiert. Dann muss er für einen Vortrag nach New York fahren und alles ändert sich. In seinem kaum genutzten Appartement findet er zwei Einwanderer vor. Tarek (Haaz Sleiman) aus Syrien und seine Freundin Zainab (Danai Gurira) aus dem Senegal. In gutem Gewissen hatten sie die Wohnung gemietet, ohne zu ahnen, dass ihr Vermieter gar nicht der Besitzer ist. Erst setzt Walter das Pärchen vor die Tür, dann erwacht die Menschlichkeit in ihm. Er bietet dem Paar das Gästezimmer an, geht seinen Erledigungen nach und beginnt, den Fremden näher zu kommen. Tarek bringt ihm das Trommeln bei, eine etwas plakative Metapher für das Herauslassen von Emotionen in einem ansonsten feinsinnigen Film. Walters Wandel vom Autisten zum mitfühlenden Individuum läuft zwar den Konventionen dieser Art Film gemäß ab, doch dank der enormen Zurückhaltung in Jenkins Spiel erscheint auch das Bekannte neu und berührend.

Bald nach Beginn der Freundschaft wird Tarek wegen einer Bagatelle festgenommen und als illegaler Einwanderer in den Moloch der amerikanischen Behörden geworfen. Seine Mutter Mouna (Hiam Abbass) taucht auf, die zusammen mit Walter versucht, ihrem Sohn zu helfen. Mit ihr muss Walter erleben, wie sich New York, wie sich Amerika verändert hat, wie die Anschläge vom 11. September die Angst vor dem vermeintlich Fremden geschürt hat, Gesetze restriktiver, Behörden noch bürokratischer geworden sind.

In dieser zweiten Hälfte des Films verschiebt sich der Fokus des Films. Walters Wandel ist abgeschlossen, nun versucht er seine neu- oder wiedergefundene Emphase für eine gute Sache zu verwenden. Doch Tom McCarthy macht auch hier nicht den Fehler, zu simpel zu erzählen. Er suggeriert keinen einfachen Ausweg aus der Lage, klebt kein forciertes Happy End an. „The Visitor“ ist ein kleiner, feiner Film, um eine exzellente, subtile Darstellung herum gebaut, präzise beobachtet und unbedingt sehenswert.

Michael Meyns

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