Nine

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Der italienische Meisterregisseur Guido Conti steckt in einer tiefen Schaffenskrise fest. Und dass zu einem denkbar ungünstigen Zeitpunkt, denn die Dreharbeiten zu seinem neuen Film sollen eigentlich bereits beginnen. Broadway-Ikone Rob Marshall („Chicago“) gelingt es erneut ein Musical mit berauschenden Bildern auf die Kinoleinwand zu bannen. Für Fans des Genres ein Muss.

Webseite: www.nine.senator.de

USA 2009
Regie: Rob Marshall
Darsteller: Daniel Day-Lewis, Marion Cotillard, Penélope Cruz, Nicole Kidman, Kate Hudson, Stacy Ferguson, Judi Dench, Sophia Loren
Laufzeit: 118 Minuten
Verleih: Senator
Kinostart: 25.02.2010
 

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Das italienische Kino der 60er Jahre ist auch international gefragt. Das ist nicht zuletzt einem Mann zu verdanken - Regisseur Guido Conti (Daniel Day-Lewis). Und selbst wenn seine vergangenen zwei Filme ausgemachte Flops waren, lassen ihn seine älteren Meisterwerke noch immer im hellsten Licht erstrahlen. Entsprechend groß ist der Wirbel, als er auf einer Pressekonferenz seinen neuen Film ankündigt. Ein Werk mit dem nicht gerade bescheidenen Titel „Italia“. Die Kulisse wird in den Cinecittà-Studios bereits gebaut, die Kostüme geschneidert und der Star des Films ist auch schon gefunden. Die Dreharbeiten könnten eigentlich beginnen, doch zu diesem denkbar ungünstigsten Zeitpunkt steckt der Maestro in seiner größten Schaffenskrise fest.

Ein Drehbuch hat Guido Conti noch nicht einmal begonnen zu schreiben und seine Muse und regelmäßige Hauptdarstellerin Claudia Jenssen (Nicole Kidman) hat aus eben diesem Grunde für das neue Projekt auch noch nicht zugesagt. Das einzige was jetzt noch helfen kann ist vollkommene Ruhe. Und so lässt der Meisterregisseur das hektische Rom hinter sich und taucht in einer kleinen Stadt an der Küste unter. Auf der Suche nach Inspiration umgibt er sich mit den Menschen, die ihm womöglich helfen könnten. Doch weder seine Geliebte (Penélope Cruz) oder seine Frau (Marion Cotillard), noch seine verstorbene Mutter (Sophia Loren) und der im selben Hotel weilende Kardinal, vermögen seine Dämonen zu vertreiben. Und so schwelgt Guido Conti in seinen Erinnerungen und durchlebt die wildesten Fantasien, um sein Gesamtkunstwerk zu formen.

Regisseur Rob Marshall hat sich mit seiner neuen Musical-Verfilmung endgültig zum Experten des Genres gemacht. Das lag nahe, hat Marshall doch seine Wurzeln selbst am Broadway. Dort begann er in den frühen 70er Jahren als Sänger und Tänzer und setzte seine Karriere nach einem Bandscheibenvorfall als Choreograf fort. Als solcher machte er sich einen guten Namen und als solcher arbeitet er unterdessen auch beim Film. Seine erste Musicalverfilmung „Chicago“ wurde dann auch gleich mit sechs Oscars prämiert. „Die Geisha“ heimste immerhin noch drei Trophäen ein. Inwieweit sein neues Werk - „Nine“ - mit Erfolg gekrönt wird, bleibt abzuwarten. Und inwiefern die Rechnung aufgeht, Rob Marshall mit der Kinofortsetzung der „Fluch der Karibik“ -Reihe zu betrauen, werden wir erst in 2011 sehen.

Eines steht auf jeden Fall fest, Rob Marshall gelingt es in seinen Filmen stets, den Zauber des Kinos zu entfesseln. Wie auf der Theaterbühne choreographiert er die einzelnen Bilder zu einer stimmigen Gesamtkomposition. Dabei sind nicht allein die Musicalauftritte der Akteure sehr gelungen sondern insbesondere auch die filmische Umsetzung einer Erzählung, die sich im ständigen Wechsel zwischen Fiktion und Realität bewegt. Hier schafft Marshall wahrlich schöne Übergänge, die in einem großartigen Schlussbild münden.

Ein weitgehend glückliches Händchen bewies Marshall auch mit seinem Schauspielerensemble. Dabei glänzen insbesondere all die Akteure, die sich hier auf eher ungewohntem Terrain bewegen und ihren Spaß an der Rolle auch zu vermitteln verstehen. Allen voran Daniel Day-Lewis als italienischer Regisseur in der Sinnkrise. Einer der wenigen Schauspieler, die womöglich auch das Telefonbuch fesselnd vortragen könnten. Weniger fesselnd hingegen bleibt die gesamte Story des Films, die sich allzu sehr um seine Hauptfigur rankt. Die Nebenfiguren verkommen dabei teilweise zu Stichwortgebern und können so nur durch ihre Musicaleinlagen glänzen. Für Fans eben solcher ist dieser Film jedoch ein Muss.

Gary Rohweder

Der Film ist eine ganze Menge: eine Hommage an Federico Fellini, ein pompöses Musical, ein aufwendiges Stück Kino.

Fellini ging erklärtermaßen davon aus, dass für jeden, ob bewusst oder unbewusst wahrgenommen, die Welt aus Träumen, Phantasien, nur rein persönlichen Wahrnehmungen bestehe. Bei der Hauptperson dieses Films, dem Regisseur Guido Contini, wurde versucht, dies nachzuempfinden.

Contini soll einen neuen Film drehen. Die früheren Streifen haben ihn berühmt gemacht, und jetzt ist es wieder an der Zeit; der Produzent sitzt ihm auf der Pelle.

Den Filmemacher begleiten überall die Phantasie und die Suche. In „Nine“ wird dies eingangs sofort umgesetzt – in eine prächtige, reich ausgestattete Musical-Nummer.

Der Herr hat natürlich auch ein Privatleben. Er ist verheiratet, liebt seine Frau Luisa. Doch sie muss oft, zu oft, auf ihn verzichten, denn der Regisseur ist ständig auf Reisen und hat – eine Geliebte, Carla.

Die denkt nicht daran, ihren Freund aufzugeben. Sie kämpft um ihn, erscheint zu den unpassendsten Gelegenheiten und weint schmerzliche Tränen, wenn sie spürt, dass Contini ihr nicht ganz und nicht allein gehört.

Das ist bei weitem nicht alles. Denn da ist noch seine Muse Claudia Jenssen. Die beiden verdanken sich, was die Karriere betrifft, gegenseitig viel. In dem Song „Unusual Way“ wird es deutlich. Dennoch: Claudia lehnt die Rolle in Continis Film ab.

Auch die Journalistin Stephanie spielt in den Träumereien des Regisseurs eine Rolle, genauso wie Saraghina, eine römische Prostituierte, die sich einst mit Ratschlägen um das Sexleben des jungen Guido kümmerte.

Die Liste von Continis Frauen schließen schon etwas betagtere Damen ab: die Kostümbildnerin und Vertraute Lilli sowie seine Mutter.

Der Regisseur gerät in eine tiefe Krise, als ihm neben dem Schaffensprozess vor allem die privaten Liebesprobleme über den Kopf wachsen. Er flieht. Doch er wird nach zwei Jahren zurückkehren. Nun müsste er seinen Film vollenden.

Und wenn der so gut wird wie „Nine“, dann ist alles in Ordnung.

Denn musikalisch, choreographisch, tänzerisch und darstellerisch ist der Film zweifellos ein Wurf. Lange wurde vorbereitet, gecastet, geprobt, gebaut, geschneidert und gedreht. Das Kinoergebnis ist ein Kinoerlebnis.

Daniel Day-Lewis als Guido Contini wächst über sich hinaus. Dass er ein vorzüglicher Schauspieler ist, wusste man schon lange. Wie er hier spielt, singt und sich tanzend bewegt – alle Achtung.

Die Damenriege setzt sich aus bekannten Stars zusammen und liefert gesanglich wie darstellerisch Entsprechendes ab: Judi Dench (Lilli), Sophia Loren (Mutter), Marion Cotillard (Ehefrau Luisa), Nicole Kidman (Claudia Jenssen), Penelope Cruz (Carla), Kate Hudson (Stephanie) sowie Stacy Ferguson (Saraghina).

Neidlos die beste der Frauen: Penelope Cruz, eine sexy Carla, künstlerisch einwandfrei.

Man kann in diesem Fall das Ganze ruhig ein Kinoerlebnis nennen.

Thomas Engel