Young Adult

Zum Vergrößern klicken

Fünf Jahre nach ihrem Überraschungserfolg „Juno“ nahmen Regisseur Jason Reitman und Drehbuchautorin Diablo Cody erneut ein gemeinsames Projekt in Angriff: „Young Adult“. In der tragikomischen Geschichte dreht sich alles um die Lebenslügen einer unreifen, psychisch labilen Mittdreißigerin, die in ihre eigentlich verhasste Heimatstadt zurückkehrt. Dort will sie ihre inzwischen verheiratete High-School-Liebe zurückerobern. Der Auftritt von Oscar-Preisträgerin Charlize Theron ist zweifellos das Glanzlicht dieses intelligenten und zugleich routiniert inszenierten Indie-Doppelgängers.

Webseite: www.youngadult-derfilm.de

USA 2011
Regie: Jason Reitman
Drehbuch: Diablo Cody
Darsteller. Charlize Theron, Patrick Wilson, Patton Oswalt, Elizabeth Reaser, Mary Beth Hurt
Laufzeit: 94 Minuten
Kinostart: 23.2.2012
Verleih: Paramount

PRESSESTIMMEN:

...

FILMKRITIK:

Manche Menschen leben in einer Endlosschleife aus Erinnerungen und geplatzten Träumen. Zu diesen gehört auch die von ihrem Leben sichtlich gelangweilte Mavis (Charlize Theron). Mit ihren 37 Jahren ist sie da angekommen, wo sie eigentlich niemals sein wollte. In einer anonymen Hochhaussiedlung in Minneapolis verbringt sie die Tage mit mehr oder weniger sinnlosen Dingen. Sie spielt Videospiele, sitzt vor ihrem Computer oder lässt sich von Trash-TV berieseln. Wechselnde Männerbekanntschaften und gelegentliche Treffen mit ihrer Freundin zählen da bereits zu den willkommenen Abwechslungen. Eigentlich verdient Mavis als Ghostwriterin für eine einst beliebte Teenie-Buchserie ihr Geld. Doch weil sich deren Verkaufszahlen zunehmend schlechter entwickeln, wird die Reihe mit dem nächsten Roman eingestellt.

Erst die Email einer alten High-School-Flamme reißt Mavis aus ihrer Lethargie. Die Nachricht, dass ihre Jugendliebe Buddy (Patrick Wilson) Vater geworden ist, bringt Mavis auf eine geradezu absurde Idee. Sie glaubt fest daran, dass Buddy mit seinem Leben als frisch gebackener Familienvater unglücklich ist und dass er sich nichts sehnlicher wünscht, als mit ihr ein neues Leben zu beginnen. Kurzentschlossen reist sie nach Minnesota, in das kleine Städtchen ihrer Kindheit, das sie seinerzeit so schnell wie möglich verlassen wollte. Doch statt auf ihre große Liebe trifft sie dort zunächst nur ihren gehandicapten, früheren Schulkollegen Matt (Patton Oswalt). Ihn weiht sie in ihren moralisch zumindest zweifelhaften Plan ein, Buddy seiner kleinen Familie entreißen zu wollen.

Was einmal funktioniert hat, sollte auch ein zweites Mal noch funktionieren. Es ist nicht ganz auszuschließen, dass dieser Gedanke hinter „Young Adult“ steckte. Immerhin fand hier erneut das erfolgreiche Gespann aus „Juno“, Diablo Cody (Drehbuch) und Jason Reitman (Regie), zusammen. Tatsächlich ist aber nicht nur die Hauptfigur beider Filme recht unterschiedlich – Mavis ist mehr als doppelt so alt wie Juno und ihr dennoch intellektuell eindeutig unterlegen –, Codys oftmals altkluge Dialoge wurden dieses Mal auch auf ein erträgliches Maß zurechtgestutzt. Man hat zumindest nicht mehr das Gefühl, dass die Figuren lediglich Sprechblasen ihrer Autorin aufsagen müssen. Codys Schreibstil wirkt gereift, ehrlicher und damit am Ende vor allem glaubwürdiger.

Dabei ist diese Mavis auf den ersten Blick das Klischee einer frustrierten Mittdreißigerin. Sie weigert sich vehement, ihr Alter anzuerkennen und der Realität ins Auge zu blicken. Stattdessen kleidet sie sich wie ein Teenager in Hello-Kitty-Shirts und farblich gewagten Jogginganzügen. Einmal wird sie als „Prom-Queen-Bitch“ beschimpft, was wenig charmant erscheint, als Beschreibung aber durchaus zutrifft. Allein die zwanzig Jahre, die zwischen ihr und einer Prom-Queen liegen, lassen vermuten, dass mit Mavis etwas nicht ganz stimmt. Sie ist eine tragische Figur, was Charlize Theron in ihrer Interpretation der Rolle auch jederzeit erkennen lässt. Ihre rundum glaubhafte Vorstellung ist das Eindruckvollste an „Young Adult“, einem Film, der ansonsten in flottem Tempo und ohne allzu große Überraschungen sein tragikomisches Programm abspult.

Reitman bleibt schließlich seiner aus Filmen wie „Up in the Air“ und „Juno“ bekannten Handschrift treu. Er versteht es, hinter die komische Fassade einer Geschichte zu blicken und die dort versteckten Zwischentöne einzufangen. Seine Kritik am „American Way of Life“ mag leiser als die manch eines Kollegen ausfallen und doch ist sie nicht zu übersehen. Wenn Mavis durch die Straßen ihrer Heimatstadt fährt, vorbei an seelenlosen Shopping-Malls und den immer gleichen Fast-Food-Buden, dann zeigt sich darin der Zustand unserer Konsum- und Wegwerfgesellschaft. Und plötzlich hofft man, dass nicht nur Mavis endlich aufwacht.

Marcus Wessels

Mavis Gary, Mitte dreißig, ist Kinderbuchautorin. Allerdings fungiert sie in einer erfolgreichen Buchserie nur als Ghostwriterin, ist also nicht bekannt oder berühmt. Zudem scheint sich ein Ende der Serie anzukündigen. Also keine besonders gute Situation.

Privat ist es ähnlich. Mavis ist geschieden – und entsprechend depressiv. Einen Fehler hat sie ebenfalls: Sie trinkt viel zuviel. Früher in der High School da war es bei dem schönen jungen Mädchen anders; da war sie der Star.

Jetzt plötzlich hat sie genug von ihrem bisherigen Leben. Hals über Kopf verlässt sie eines Tages ihren Bettgenossen und fährt in die Kleinstadt Mercury. Dort nämlich ist sie her, und dort lebt Buddy Slade, der Mann, den sie schon immer liebte und mit dem sie ihr Leben verbringen will, koste es was es wolle.

Einfach ist das nicht zu machen. Denn Buddy liebt seine Frau. Die beiden haben soeben ein Kind bekommen. Mavis scheint das egal zu sein.

Statt auf Buddy trifft sie zuerst auf den ehemaligen Klassenkameraden Matt. Der ist wenig attraktiv und außerdem von einem früheren Überfall her schwer behindert. Matt lebt mit seiner Schwester Sarah zusammen.

Mavis trifft natürlich mehrere Male auch Buddy – aber da geht so gut wie nichts. In ihrem Kummer führt sie lange Gespräche mit Matt. Die beiden kommen sich sogar viel näher als vorgesehen. Für Mavis hatte der scheinbar ergebnislose Besuch in dem Provinznest doch einen Sinn. Gestärkt und mit einer positiven Erkenntnis aus der Begegnung mit Matt und auch mit Sarah kehrt sie zurück und fängt neu an.

Ein sehr einfaches aber durchaus sensibles und plausibles Psycho-Spiel über depressiven Tiefpunkt und menschlichen Neuanfang, das voll und ganz auf die Hauptdarstellerin Charlize Theron zugeschnitten ist. Die Oscar-Preisträgerin spielt ihre Rolle so authentisch, dass die Sache funktioniert.

Die Inszenierung von Jason Reitman ist ruhig, gradlinig, angenehm. Das Drehbuch stammt von der Oscar-Preisträgerin Diablo Cody. Aus dem vergeblichen Liebesversuch einer Frau wird schließlich ein bewusster Neustart.

Thomas Engel