Sushi – The Global Catch

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Im Allgemeinen gilt Fisch als gesund, gegen die zunehmende Verbreitung des Sushi kann also eigentlich niemand etwas haben. Oder vielleicht doch? Welche unvorhergesehenen und vor allem höchst problematischen Folgen der explodierende Sushi-Konsum hat, zeigt Mark S. Hall in seiner bemerkenswert ausgewogenen Dokumentation, die nicht pauschal für Enthaltsamkeit plädiert, sondern differenziert für überlegtes Konsumieren.

Webseite: www.neuevisionen.de

USA 2011 - Dokumentnation
Regie: Mark S. Hall
Länge: 75 Minuten
Verleih: Neue Visionen
Kinostart: 7. Juni 2012

PRESSESTIMMEN:

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FILMKRITIK:

Jetzt also auch das Sushi. Bald, so scheint es, wird man kaum noch etwas essen können, zumindest wenn man nicht auf die ein oder andere Weise der Umwelt, den Tieren, seinen Mitmenschen schaden will. Doch halt: So leicht macht es sich Mark S. Hall in seiner hübsch doppeldeutig betitelten Dokumentation „Sushi – The Global Catch“ nicht. Das englische „Catch“ heißt sowohl Fang als auch Haken, Crux - und genau darum geht es. Statt wie so viele Dokumentationen gleich mit Hiobsbotschaften zu beginnen, nimmt sich Hall zu Beginn seines Films Zeit, um die große Tradition der japanischen Küche im allgemeinen und des Sushi im speziellen zu beleuchten. Berühmte Köche aus Tokios Feinschmeckerrestaurants kommen zu Wort, die von der jahrelangen Ausbildung berichten, die ein angehender Sushi-Koch zu überstehen hat. Da dauert es schon mal Jahre, bevor ein Gehilfe den Reis zubereiten darf und weitere Jahre, bevor er zumindest das Sushi für die Auslieferung anrichten darf. Die höchste Stufe, die Zubereitung des Sushis vor den Augen der Gäste, erreicht man zumindest nach den traditionellen Regeln erst nach sieben, acht Jahren. Und nicht nur angesichts dieser komplizierten, langwierigen Ausbildung wird deutlich: Sushi ist eine jahrhundertealte Tradition und im besten Fall auch eine Kunst. Die sich allerdings durch ihren zunehmenden globalen Erfolg selbst zu zerstören scheint.

Denn längst hat die gesamte Welt Geschmack am Sushi bekommen, findet man in den westlichen Großstädten ebenso leicht Sushi-Restaurants wie Pizzerien, chinesische Restaurants und all das andere, was die globale Küche hergibt. Inzwischen droht Sushi gar zu einer weiteren Variante des Fast Foods zu verkommen, erschreckende Beispiele trägt Hall hier zusammen, vom Sushi-to-go bis zum Sushi am Stiel. Das hat mit dem wahren Sushi, das zu Beginn des Films gezeigt wurde, zwar rein gar nichts mehr zu tun, befördert aber dennoch die extreme Nachfrage nach Thunfisch. Und hier fangen die Probleme an. Früher bediente der legendäre Tsukiji-Fischmarkt in Tokio nur die Restaurants der japanischen Hauptstadt und ihrer Umgebung. Heute werden von dort tiefgefrorene Thunfischblocks, die mit Kettensägen zerschnitten werden müssen, in alle Welt geliefert. Das führt zum einen zu solch absurden Exzessen der Globalisierung, dass im Atlantik gefangene Fische nach Tokio geliefert, und dort verkauft werden, um dann per Flugzeug nach Amerika geliefert zu werden. Vor allem aber führt der zunehmende Hunger nach (Thun-)Fisch in der westlichen Welt, aber vor allem auch in aufstrebenden Ländern wie Indien und China, zur Überfischung der Meere. Und das bedeutet nicht nur, dass bald kein Thunfisch mehr vorhanden sein wird. Mit dem Verschwinden dieses Raubtiers an der Spitze der Nahrungskette wird das gesamte Gleichgewicht der Meere grundlegend und vermutlich unwiderruflich verändert.

Das Bemerkenswerte an Mark Halls Film ist nun, dass er nicht in pauschale Panikmache verfällt, dass er nicht zur naiven, undurchführbaren Forderung nach sofortigem, totalen Verzicht auf Sushi auffordert. Statt dessen zeigt er alternative Methoden auf, stellt ein Sushi-Restaurant in San Francisco vor, dass auf tausende Kilometer transportierten Fisch verzichtet und stattdessen einheimische Fische verarbeitet, oder einen Fisch-Farmer in Australien, der dabei ist, das bislang ungelöste Problem der künstlichen Thunfisch-Herstellung zu lösen. Dass sind zwar alles nur kleine Ansätze, doch sie zeigen Lösungsmöglichkeiten auf, die auch für andere ökologische Baustellen Gültigkeit besitzen. Denn letztlich hat jeder Verbraucher die Macht, durch seine Entscheidung für oder gegen ein Produkt das Richtige zu tun.

Michael Meyns

Vielleicht hat es mit einem Modetrend zu tun, aber sicher ist: Sushi wird immer beliebter, findet immer reißender Absatz. Es gibt Sushi-Sterneköche, es gibt zahllos Messersorten extra für Sushi, jahrelang dauert die Ausbildung. Und nicht nur im Ursprungsland Japan herrscht Hochbetrieb, sondern auch in Europa, in Ländern wie Polen beispielsweise. Sushi-Zerenomien gelten inzwischen als Kunst.

Ein riesiger Wirtschaftszweig ist entstanden – auf dem Tokioter Fischmarkt, dem größten der Welt, kann man das beobachten.

Aber was ist mit dem Rohstoff, den Fischen, dem Blauflossenthunfisch etwa? Hier liegt das Problem. Die Meere werden überfischt, die „Nachhaltigkeit“ fehlt, es wird Raubbau betrieben, jegliche Schonung ist abhanden gekommen.

Es wird keine Rücksicht mehr genommen auf die Saison, auf den Lebensrhythmus der Fische, auf die Laichgewohnheiten. Und es wird nicht nur überfischt, sondern auch überkonsumiert.

Was ist zu tun? Die Schutzmaßnahmen der Regierungen und internationalen Organisationen haben nicht viel gebracht. Die illegalen Fänge können wahrscheinlich nur durch eine schärfere allgemeine Bewusstseinsbildung eingedämmt werden. Ansonsten wird es Fachleuten zufolge mit den Fischbeständen schneller zu Ende gehen als mit dem Erdöl. Und was ist, wenn sich einmal die Inder und die Chinesen auf Sushi stürzen?

In Australien laufen Versuche, den Blauflossenthunfisch zu züchten. Die Fortschritte sind schon beachtlich. Wasserströmung, Temperatur, Sonne, Mond, alles wird berücksichtigt. Aber: Für ein Pfund Thunfisch müssen 15 Pfund Sardinen geopfert werden. Wo soll das hinführen? Also Sushi-Fans aufgepasst!

In nüchterner aber eindringlicher Weise stellt dieser Dokumentarfilm das alles dar. Auch wenn manches überspitzt erscheinen mag – es kann einem um die Zukunft angst und bange sein. Zum Umdenken ist es höchste Zeit. Es gibt inzwischen grüne und rote Listen. Bei den Fischen auf der roten Liste sollte man vorsichtig oder zumindest maßvoll sein. Wer glaubt, alles könne so weitergehen wie bisher, glaubt an einen Mythos. Vor allem die Japaner, auch als illegale Walfänger bekannt, sollten aufhören, die Meere und damit die Umwelt zu schädigen.

Thomas Engel