Welcome to Karastan

Zum Vergrößern klicken

Eine Mischung aus „Borat“ und selbstreflexive Satire über die Fallstricke des Filmemachens ist Ben Hopkins „Welcome to Karastan“, der beim Filmfest Hamburg mit dem erstmals vergebenen Hamburger Produzentenpreis ausgezeichnet wurde. Gedreht in Georgien, ist Hopkins ein ebenso komischer wie melancholischer Film gelungen.

Webseite: www.welcome-to-karastan.de

Georgien/ England/ Deutschland 2014
Regie: Ben Hopkins
Buch: Ben Hopkins, Pawel Pawlikowski
Darsteller: Matthew MacFadyen, Mayanna Buring, Richard van Weyden, Noah Taylor, Ali Cook, Vedat Erincin
Länge: 100 Minuten
Verleih: Piffl
Kinostart: 2015
 

FILMKRITIK:

Mit seinen ersten beiden Filmen „Simon Magus“ und „Die neun Leben des Tomas Katz“ feierte der britische Regisseur Ben Hopkins große Erfolge und reiste auf Festivals in alle Welt. Seitdem wurde es stiller um den Regisseur, die Pausen zwischen Filmen wurden länger, die Schwierigkeiten, Geld aufzutreiben größer, seit 2008 konnte Hopkins keinen Film realisieren. Irgendwann während dieser Dürreperiode wird Hopkins der nahe liegende Gedanke gekommen sein, aus der Not eine Tugend zu machen und einen Film über sein eigenes Schicksal als einst gefeierter Autorenfilmer zu machen, der auf obskuren Filmfestivals in aller Welt eingeladen wird und dabei oft Merkwürdiges erlebt. Zusammen mit seinem polnischen Kollegen Pawel Pawlikowski („My Summer of Love“, „Ida“) schrieb Hopkins das Drehbuch zu seiner melancholischen Satire „Welcome to Karastan“, bei der man sehr hofft, dass nicht jeder Aspekt autobiographisch ist.

Zu Beginn der Geschichte befindet sich der gefeierte Autorenfilmer Emil Forester (Matthew MacFadyen) in einer schweren Schaffenskrise. Mehr als Titel für zukünftige Filme fallen ihm nicht ein, darunter bleiben die Seiten des Notizblocks leer. Zu allem Unglück hat ihn auch noch seine Frau verlassen, so dass er nun mit seinem Hund ein freudloses Dasein fristet und wehmütig die Preise diverser Filmfestivals, die im Regal verstauben, betrachtet. Der rettende Anruf kommt aus der gerade unabhängig gewordenen Kaukasus-Repuplik Karastan: Um das Profil des Landes zu stärkenm wird das erste Filmfestival geplant und Forester soll der Stargast sein. Da er ohnehin nichts Besseres zu tun hat, nimmt er dankend an und findet sich bald in ebenso unbekannter wie merkwürdiger Umgebung wieder. Am Flughafen wird er von einer Folklore-Kapelle empfangen, das Hotel verströmt sozialistischen Charme, seine Übersetzerin und bald ständige Begleiterin Chulpan (Mayanna Buring) ist ebenso hübsch wie geheimnisvoll, und zu allem Überfluss erweist sich Karastan auch noch als nicht besonders stabile Diktatur.

Beherrscht wird der Staat von Präsident Abashiliev (Richard van Weyden), der Forester ein unwiderstehliches Angebot macht: Dass karastanische Nationalepos soll verfilmt werden, ein gigantisches Schlachtgemälde mit Reitern, Kämpfen und epischen Landschaften. Wer kann da schon Nein sagen? Und so findet sich Forester bald bei Dreharbeiten wieder, die all seine kleinen Autorenfilme an Aufwand weit übertreffen. Doch nebenbei verfällt das Land zunehmend, wird der Set von Rebellen angegriffen und bald auch der Hauptdarsteller entführt.

Auch wenn sicherlich weder Hopkins noch Pawlikowski all die Exzesse erlebt haben, die in „Welcome to Karstan“ geschildert werden, ist doch jederzeit spürbar, wie sehr hier aus eigenen Erlebnissen geschöpft wird: Die Absurdität des Lebens eines Autorenfilmers, der einerseits hofiert wird, aber andererseits selbst auf Filmfestivals stets im Schatten der glamourösen Stars steht, wird frappierend deutlich. Viele pointierte Szenen zeigt Hopkins, angereichert mit einer oft an Sascha Baron Cohens „Borat“ erinnernden Satire über ein etwas unterentwickeltes ex-sowjetisches Land, dass ebenso merkwürdig wie faszinierend ist. Je weiter sich Hopkins von eigenen Erlebnissen entfernt, desto überdrehter wird sein Film dabei, was ihm nicht unbedingt gut tut. Doch auch wenn „Welcome to Karastan“ gerade in der zweiten Hälfte bisweilen etwas dahinplätschert, ist Ben Hopkins ein pointierter Film über Freud und Leid eines Autorenfilmers gelungen, mit dem er an alte Erfolge anknüpft.
 
Michael Meyns