Judas and the Black Messiah

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Als Autor und Regisseur Shaka King mit der Idee schwanger ging, einen Film über Fred Hampton und die Black Panther Party zu machen, wusste er, dass sich das einem Studio nur schwer verkaufen ließe. Er pries den Film darum als eine Art „Departed – Unter Feinden“ an, wohlwissend, dass er die Fred-Hampton-Geschichte so als trojanisches Pferd einschmuggeln und letzten Endes dominant machen konnte. Das Ergebnis ist ein sehenswerter Film, der ein Stück amerikanische Geschichte aufarbeitet, das schändlicher kaum sein könnte.

Judas and the Black Messiah
USA 2021
Regie: Shaka King
Buch: Shaka King, Will Berson
Darsteller: Daniel Kaluuya, LaKeith Stanfield, Jesse Plemons, Martin Sheen
Länge: 125 Minuten
Verleih: Warner
Kinostart: noch ohne Termin

FILMKRITIK:

Im Jahr 1968 wird die Black-Panther-Bewegung in den USA immer aktiver – und zugleich ein Dorn in der Seite der Polizei, aber auch des FBIs. Dessen Direktor J. Edgar Hoover sieht in der Bewegung eine größere Gefahr als die durch die Chinesen oder sogar Sowjets. Denn er fürchtet, dass ein charismatischer Anführer die linken Protestströme bündeln könnte. Ein Mann wie Fred Hampton, der Chairman der Black Panther Party. Darum wird alles darangesetzt, sowohl Hampton, als auch die Bewegung außer Gefecht zu setzen. Gefängnisstrafen erweisen sich als nur wenig effektiv, man giert nach einer permanenteren Lösung. Da hilft es, dass man mit William O’Neal einen Spitzel aus dem engsten Kreis Hamptons hat, der mit dem FBI zusammenarbeiten muss oder selbst in den Knast gehen wird.

„Judas and the Black Messiah“ lässt die 1960er Jahre wiederauferstehen. Die Autos, die Kleidung, die Frisuren, hier ist alles akkurat und bringt den Zuschauer so zurück in eine Zeit des Aufruhrs, als der Vietnam-Krieg tobte und sich Bürger auf den Straßen amerikanischer Städte Schlachten mit der Polizei lieferten. Dem Film gelingt es, amerikanische Geschichte greifbar zu machen. Man mag auch hierzulande die Eckdaten kennen, die mit Fred Hampton zu tun haben, der Film zeigt aber den Furor und die Passion, mit der der Mann sich gegen ein korruptes, rassistisches System stemmte.

Es ist eine Geschichte über Loyalität, aber auch über Verrat, wichtiger noch aber eine über ein System, das an den eigenen Grundwerten rüttelt, um sich an der Macht zu halten. Fast ungläubig sieht man zu, wie Polizisten ein Haus der Black Panther Party eigenhändig abfackeln. Gegenüber Menschen sind Polizei und FBI aber auch nicht nachsichtiger. Elektrisierend ist der Moment, als Martin Sheen erklärt, dass man für Hampton eine permanente Lösung benötigt. Er spricht es nicht aus, aber es ist klar, was gemeint ist. Der Mord an dem Führer der Black Panther Party ist ein konzertierter Akt, eine Verschwörung, bei der die Verschwörer sich nicht treffen müssen, sondern gemäß eines gemeinsamen Glaubenssystems handeln.

Generell sind die Schauspieler hervorragend, allen voran aber Daniel Kaluuya und LaKeith Stanfield – der eine als charismatische Führungsfigur, der andere als jemand, der zum Judas gezwungen wird. Am Ende sind beide Leben verwirkt, wenn auch auf gänzlich unterschiedliche Art und Weise. „Judas and the Black Messiah“ ist packendes Historienkino, das unter die Haut geht.

Peter Osteried