Monsieur Claude 2 – Immer für eine Überraschung gut

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Vor vier Jahren avancierte sie zum Publikumshit: Die schwarzhumorige, französische Familienkomödie über einen bourgeoisen Vater am Rande des Nervenzusammenbruchs, den seine Töchter Toleranz lehren. Nicht immer können Fortsetzungen an solche Erfolge nahtlos anknüpfen – hier schon: Regisseur Philippe de Chauveron zündet mit seinem turbulenten Sequel des Culture-Clash-Streifen erneut ein Feuerwerk an pointiertem Witz und erfrischender, schonungsloser Provokation. Hauptdarsteller und Publikumsliebling Christian Clavier als „old school“-Repräsentant zwischen Zynismus und Lebenslust, bestens besetzte Nebenrollen, genaues Timing und eine verblüffende Leichtigkeit trotz des brisanten Themas machen diese charmant-bissige gesellschaftliche Gratwanderung zum idealen „Gute-Laune-Film“.

Webseite: www.monsieurclaude.de

OT: Qu'est-ce qu'on a encore fait au Bon Dieu
Frankreich 2018
Regie: Philippe de Chauveron
Drehbuch: Philippe de Chauveron, Guy Laurent
Darsteller: Christian Clavier, Chantal Lauby, Frédérique Bel, Julia Piaton. Emilie Caen, Èlodie Fontan, Ary Abittan, Medi Sadoun, Frédéric Chau, Noam Diawara, Pascal Nzonzi, Salimata Kamate, Tatjana Roja, Claudia Tagbo.
Länge: 105 Minuten
Verleih: Neue Visionen
Kinostart: 4. April 2019

FILMKRITIK:

Claude (Christian Clavier) und Marie Verneuil (Chantal Lauby) haben sich mittlerweile daran gewöhnt, dass ihre vier attraktiven Töchter multikulturell geheiratet haben. Doch ihr beschauliches Leben in der französischen Provinz ist freilich nicht mehr ganz so wie früher. Denn die Heimatländer ihrer internationalen Schwiegersöhne warten schon auf sie. Und so rafft sich das großbürgerliche, konservative Paar zu einer Rundreise auf. „Ich halt´s nicht mehr aus Claude“, jammert Marie freilich völlig entnervt auf dem Rückflug in die Heimat. Und auch Claude hat sein Landleben bitter vermisst.

„Riechst du nicht die Kuhfladen“, schwärmt der betuchte Notar und lässt den erstaunten Taxifahrer vor einer satten grünen Weide mit Rindern anhalten, bevor das Paar wieder in ihrer herrschaftliche Loire-Villa ankommt. „Endlich leb ich wieder“, glaubt er. Aber ihr Großelterndasein birgt immer noch genügend Fallstricke. Denn Familientreffen sind nach wie vor interkulturelle Minenfelder. Und so sorgt sich Marie zu recht, was sie über ihre Reise erzählen sollen.

„Die Ankunft am Flughafen Tel Aviv werde ich nie vergessen, vier ganze Stunden Leibesvisitation“, plaudert das lokalpatriotische Familienoberhaupt dann doch völlig ungeniert während des gemeinsamen Essens. „Ich dachte schon die beschneiden mich“. Sein jüdischer Schwiergersohn David (Ary Abittan) versucht keine Miene zu verziehen. „Ich bin ab sofort gegen politische Korrektheit“, unterstützt dagegen Chao (Frédéric Chau) seinen Schwiegervater. Und schon gerät das fragile Gleichgewicht ins Wanken. Aber das ist noch nicht alles. Denn der wirkliche Schock steht ihnen noch bevor.

Denn ihre Töchter sind immer für Überraschungen gut. „Offen gestanden haben Odile (Julia Piaton) und ich beschlossen, dass wir nach Israel gehen“, bekennt David. Und es kommt noch schlimmer. Auch ihre anderen Töchter wollen mit Kind und Kegel auswandern. „Was haben wir Gott nun jetzt wieder angetan“, verzweifelt Marie am Abend nach diesen Eröffnungen. Mit extensivem Nordic-Walking versucht sie ihren Frust zu bekämpfen. Und Claude glaubt in seinen Ruhestand als Schriftsteller noch einmal durchzustarten.

Aber abfinden will sich das Paar mit diesem Mini-Exodus dann doch nicht. Schließlich kann nicht alle mühevolle kosmopolitische Anstrengung umsonst gewesen sein. Und so hecken die beiden schlitzohrig einen tollkühnen Plan aus, um das Blatt noch zu wenden. Als Claude dann mit einer Riesenportion Schadenfreude diesmal seinen afrikanischen Gegenschwager André Koffi (Pascal Nzonzi) bei einer Zerreißprobe in Sachen Toleranz erleben darf, ist ihm das freilich eine Genugtuung. Denn auch dessen Tochter Viviane (Tatjana Roja) überrascht ihre Eltern mit einer unkonventionellen Hochzeit.

Vor vier Jahren avancierte die schwarzhumorige, französische Familienkomödie über einen bourgeoisen Vater am Rande des Nervenzusammenbruchs, den seine Töchter Toleranz lehren, zum Publikumshit. Und auch diesmal zündet Regisseur Philippe de Chauveron mit seinem turbulenten Sequel des Culture-Clash-Streifen erneut ein Feuerwerk an pointiertem Witz und erfrischender, schonungsloser Provokation. Lustvoll lässt er seine Charaktere wieder aufeinanderprallen. Vor allem Pascal Nzonzi, der Charles‘ Vater André spielt, verbindet virtuos hammerharten Machismo mit überschäumendem Temperament.

Der kongolesische Schauspieler zeigt sich als grandioser Komödiant, der vor nichts zurückschreckt und sich somit zum idealen Gegenspieler für Christian Clavier entwickelt. Und so können sich die Zuschauer mit Hauptdarsteller und Publikumsliebling Christian Clavier als  „old school“-Repräsentant zwischen Zynismus und Lebenslust, bestens besetzten Nebenrollen, genauem Timing und einer verblüffenden Leichtigkeit, trotz des brisanten Themas, auf eine charmant-bissige gesellschaftliche Gratwanderung freuen. Definitiv ein idealer „Gute-Laune-Film“, den sich niemand entgehen lassen sollte.

Luitgard Koch