25 km/h

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Auf uralten, klapperigen Mofas machen sich zwei Brüder auf den Weg zu einer Reise, die sie einander, vor allem aber sich selbst näherbringen. Klischeehaft, aber auch klassisch ist der Ansatz von Markus Gollers sehr langsamen Road-Movie „25 km/h“, das weniger von seiner Originalität lebt, als von seiner entspannten Gangart und seinen ebenso entspannten, sympathischen Hauptdarstellern.

Webseite: www.25kmh-film.de

Deutschland 2018
Regie: Markus Goller
Darsteller: Lars Eidinger, Bjarne Mädel, Sandra Hüller, Jella Haase, Franka Potente, Alexandra Maria Lara, Wotan Wilke Möhring, Jördis Triebel
Länge: 116 Minuten
Verleih: SONY
Kinostart: 31. Oktober 2018

FILMKRITIK:

30 Jahre haben sich die Brüder Georg (Bjarne Mädel) und Christian (Lars Eidinger) nicht gesehen, bei der Beerdigung des Vaters gibt es ein Wiedersehen, doch zunächst begrüßen sie sich mit einer Prügelei. Während Georg im heimischen Schwarzwald geblieben ist, als Tischler arbeitet und den Vater in den letzten Wochen vor seinem Tod betreut hat, ist Christian in die Welt hinausgezogen, lebt irgendwo zwischen London und Singapur und verdient mit irgendwelchen Wirtschaftsdingen viel Geld.
 
Geld, das den Brüdern auf einer Reise behilflich ist, die sie als 15jährige geplant hatten, aber nie angegangen sind: Mit ihren Mofas quer durch Deutschland an die Ostsee zu fahren, um am Timmendorfer Strand ins Wasser zu pinkeln. Auf dem Weg dahin wollten sie Sex haben, Drogen nehmen und andere Abenteuer erleben, doch das Leben kam dazwischen.
 
Nun, in Jugenderinnerungen schwelgend, als sie angetrunken durch die nächtlichen Dorfstraßen brausen, sagt Christian: Jetzt oder nie. Nach kurzem Zögern macht Georg mit und die Reise durch Deutschland und zu sich selbst beginnt.
 
Ein klassisches Erzählformat hat Oliver Ziegenbalg als Basis seines Drehbuchs genommen, das auch wie sein bekanntester Film heißen könnte: Freundschaft. Denn bei allen Streitigkeiten, bei allen Meinungsverschiedenheiten, die Georg und Christian im Lauf ihrer Reise erleben, ist doch vom ersten, gut, vom zweiten Moment an klar, dass die Brüder im Grunde ihres Herzens Seelenverwandte sind.
 
Dass Christian die Heimat so abrupt verlassen hat und sich in den folgenden Jahren kaum gemeldet hat, suggeriert zwar dramatische, vielleicht sogar traumatische Gründe, die allerdings ausbleiben. Ein wenig verwunderlich mag es sein, dass die für diesen Ansatz eigentlich zu erwartenden Aussprachen eher sanft ausfallen, dass der Vater zwar scheinbar streng war, in den Erinnerungen der Brüder aber auch nicht so furchtbar klingt, dass Christians Verhalten gerechtfertigt oder nachvollziehbar erscheint.
 
So fehlt ein wenig der tiefere Anlass für die gemeinsame Reise, die Probleme, die zu überwinden, die Streitigkeiten, die zu vergeben sind. Wovon „25 km/h“ dadurch abhängig ist, ist die Qualität der einzelnen Episoden, die durch ein bemerkenswertes Star-Ensemble geprägt  sind: Alexandra Maria Lara, Franka Potente, Jella Haase, Jördis Triebel und Wotan Wilke Möhring sind in kleinsten Rollen zu sehen und halten die Sinnsuche der Brüder am Leben.
 
Mehr als Staffage für die beiden Hauptdarsteller sind sie dennoch nicht, denn am Ende verlässt sich „25 km/h“ ganz auf die Präsenz von Bjarne Mädel und Lars Eidinger, die – man kann es nicht anders sagen – ein tolles Team sind. Eidinger eher die extrovertierte Rampensau, die er seit Jahren in Film und vor allem auf Bühnen raus lässt, die hervorragend mit seinen sensiblen, nachdenklichen Momenten kontrastieren. Mädel, der eher schweigsame Norddeutsche, der hier zwar aus einem anderen Bundesland kommt, aber ebenso zurückhaltend agiert. Irgendwo in der Mitte ihrer Charaktere treffen sich die Brüder am Ende eines Films, der sich vielleicht etwas zu sehr auf die Präsenz seine Hauptdarsteller verlässt, die allerdings auch so gut sind, dass man diese Entscheidung versteht.
 
Michael Meyns