Belle

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Autor und Regisseur Mamoru Hosoda hat mit „Belle“ erneut einen wunderbaren, auf mehr als einer Schiene funktionierenden Zeichentrickfilm abgeliefert, der mit seinem Thema einer Jugendlichen, die in der virtuellen Welt zum Star wird, moderne Themen aufgreift, aber universell für jedes Alter erzählt. Eines der schönen Beispiele für einen Anime, der eine intelligente Geschichte erzählt und auch etwas zu sagen hat.

Webseite: https://belle.kochfilms.de/de-uk/home

Ryû to sobakasu no hime
Japan 2021
Regie: Mamoru Hosoda
Buch: Mamoru Hosoda

Länge: 121 Minuten
Verleih: KSM Anime
Kinostart: 9. Juni 2022

FILMKRITIK:

Suzu ist ein Teenager-Mädchen, das sich nur in der virtuellen Welt der Plattform „U“ ausleben kann. Im echten Leben schüchtern und von einem Erlebnis ihrer Kindheit traumatisiert, kann sie kaum aus sich herausgehen. Selbst singen kann sie nicht mehr. Aber mit ihrem virtuellen Avatar Belle ändert sich das. Sie ist nicht nur schön und anmutig, sondern wird als Sängerin von vielen der fünf Milliarden Nutzer von „U“ gefeiert. In der VR wird sie zum Star und die Leute fragen sich: Wer ist Belle? Belle wiederum fragt sich, wer das Biest ist, das in der friedlichen Atmosphäre der VR sein Unwesen treibt. Sie glaubt bei ihm eine verwandte Seele zu entdecken – jemand, der sich hinter etwas versteckt.

Der 1967 geborene Mamoru Hosoda ist eine der großen Stimmen des japanischen Zeichentrickfilms. Jemand, der seit Jahren Filme präsentiert, die in den USA oder andernorts mit Schauspielern echt gedreht worden wären, die tiefsinnig und klug sind, die aber auch große Ideen transportieren. Und das in Form von Zeichentrick, was für so manchen eine Hürde darstellen könnte. Sollte es aber nicht, denn „Belle“ wendet sich auch an ein erwachsenes Publikum, selbst wenn von einer Teenagerin erzählt wird.

Hosoda hat mit „U“ so etwas wie die Potenzierung des „Second Life“ erschaffen. Eine Welt, in der man sein kann, was man will. Eine TikTok-Welt, wenn man so will, aber eine, die auch Gefahren birgt. Hosoda präsentiert seinen Film aber nicht als Warnung vor der Technologie und den Versuchungen, die sie mit sich bringt. Vielmehr ist er daran interessiert, über die neue jugendliche Welt nachzudenken und sie bis in ihr Extrem zu steigern. Denn wenn man in der virtuellen Welt alles sein kann, was man will, warum sollte man dann überhaupt noch in die echte Welt zurückkehren wollen? Mit dieser Frage spielt der Film, weil er es der Hauptfigur auch leicht macht, ihr erlebtes Trauma zurückzulassen und als Belle in „U“ etwas Wunderbares, fast schon Ätherisches zu sein. Das Ideal dessen, was Suzu ist. Was sie sein könnte.

Zugleich baut Hosoda aber auch einen Mystery-Aspekt ein. Man weiß um Suzus doppelte Identität, nicht jedoch um die des Biests. Und so gibt es hier auch klar umrissenes Spannungsfeld, da man mit Suzu rätselt, wer dahinterstecken könnte.

In seinen besten Momenten ist der Film zutiefst emotional, in anderen ein wenig kitschig, getragen wird das alles aber immer von atemberaubenden Bildern, da die Welt von „U“ auch eine phantastische ist, in der Wale sich durch die Lüfte bewegen.

Peter Osteried