Chase

Zum Vergrößern klicken

Liebling, wo bist du? Ich komme und rette dich! Als verzweifelter Gatte stolpert Actionveteran Gerard Butler durch eine Mischung aus „Ein Mann sieht rot“ und „Spurlos verschwunden“. Brian Goodmans dritte Regiearbeit „Chase“ lockt mit atemloser Spannung, erweist sich aber als Möchtegernthriller, der auf fast allen Ebenen Kompetenz vermissen lässt. Da kann der auch als Produzent involvierte Hauptdarsteller noch so viel Engagement in seine Darbietung legen.

Webseite: https://www.leoninedistribution.com/filme/160934/chase.html

Last Seen Alive
Regisseur: Brian Goodman
Drehbuch: Marc Frydman
Darsteller: Gerard Butler, Jaimie Alexander, Russell Hornsby, Ethan Embry, Michael Irby, Cindy Hogan, Bruce Altman u. a.

Länge: 95 Minuten
FSK: ab 16 Jahren
Verleih/Vertrieb: Leonine
Kinostart: 15.09.2022

FILMKRITIK:

1988 erschien die Romanadaption „Spurlos verschwunden“, in der der Niederländer George Sluizer aus der Entführung einer jungen Frau auf einer Autobahnraststätte, der obsessiven Suche ihres Partners und den Machtspielen des Täters einen ebenso fesselnden wie ungemütlichen Albtraum strickt. An diesen von der Kritik gefeierten Titel fühlt man sich unweigerlich erinnert, wenn man sich die Prämisse des neuen Gerard-Butler-Vehikels „Chase“ anschaut.

Auch hier legt sich ein dunkler Schatten über ein Paar auf Reisen. Mit dem Unterschied, dass die Beziehung von Butlers Immobilienunternehmer Will Spann und seiner Gattin Lisa (Jaimie Alexander) zu Beginn des Films vor dem Aus steht. Er hofft auf eine Wende zum Positiven. Sie hingegen ist müde, sieht eigentlich keine gemeinsame Zukunft mehr und möchte sich für einige Zeit bei ihren Eltern einquartieren, um den Kopf freizukriegen. Auf dem Weg reicht ihr Will verbal immer wieder die Hand. Annehmen mag sie sie allerdings nicht. Einrenken kann die Beziehung, so die Drehbuchlogik, letztlich nur ein unvorhergesehenes Ereignis, bei dem sich der deprimierte Ehemann als zupackender Retter beweisen darf.

Bei einem kurzen Halt an einer Tankstelle geschieht das Unfassbare. Lisa ist plötzlich wie vom Erdboden verschluckt. Und Will tigert, von Sorge zerfressen, durch die Gegend. Verzweifelt nach Anhaltspunkten suchend, schaltet er alsbald in den Rambo-Modus und sieht sich den misstrauischen Fragen des ermittelnden Detective Paterson (Russell Hornsby) ausgesetzt. Da die Polizei ihn als Verdächtigen ins Visier nimmt und jede Minute entscheidend sein kann, krempelt Will im Geiste des Charles-Bronson-Rächers aus „Ein Mann sieht rot“ schließlich selbst die Ärmel hoch.

Das Interessanteste vorweg: Wie zu lesen ist, standen Butlers Dialoge, anders als die Texte seiner Kollegen, vorab nicht fest, sondern wurden von ihm an Set weitgehend improvisiert. Eine ungewöhnliche Maßnahme, die das Geschehen authentischer und intensiver wirken lassen soll. Der Hauptdarsteller bemüht sich zwar, Wills Getriebenheit, seine Panik eindringlich zu vermitteln. Wenn sich rund um die zentrale Performance aber eine Baustelle nach der anderen auftut, verpuffen solche Darbietungskniffe viel zu schnell.

Los geht es mit den Problemen schon bei der Charakterzeichnung. In einem Actionthriller braucht es natürlich keine bis ins Detail ausgefeilten Handlungsträger. Ein bisschen Profil wäre jedoch nicht schlecht, um sich emotional mitreißen lassen zu können. Über Stichworte kommen die Figuren in „Chase“ nicht hinaus. Egal, wie sehr die kurzen Rückblendeneinschübe Tiefe vorzugaukeln versuchen.

Lieblos zusammengestückelt ist auch der Plot, der ohne originelle Volten auf sein banales, mit schlechten Computereffekten aufwartendes Ende zuläuft. Wie beliebig die Erzählung gerät, zeigt im Grunde schon der ungelenke Vorausblick, mit dem der Film beginnt. Eine Szene, die auf Teufel komm raus Neugier wecken und Spannung erzeugen soll, unter dem Strich aber in die Kategorie „Billiger Taschenspielertrick“ gehört.

Nicht wirklich besser steht es um die formale Gestaltung. Die Bilder sehen manchmal etwas zu billig aus. Und Brian Goodmans Inszenierung schafft es nie, eine ernsthaft knisternde Atmosphäre aufzubauen und dem Publikum ein richtiges Gefühl für das Milieu zu geben, in das wir mit dem zunehmend wilder um sich schlagenden Will eintauchen. Einfach treibende Musik über Szenen zu klatschen, die einem den Atem stocken lassen sollen – dieses häufig bemühte Mittel kommt auch hier zum Einsatz. Ohne Erfolg!

 

Christopher Diekhaus