Die Abenteuer eines Mathematikers

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In der Theorie ist es eine durchaus spannende Geschichte: Das Leben eines polnischen Emigranten, der zuerst in England ist, dann in den USA am Manhattan Project arbeitet. Es ist das Leben von Stan Ulam, einem Mann mit originellem Verstand, der beim Bau der Atom- und Wasserstoffbombe essenziell ist, aber damit hadert, was diese Waffen ausrichten. Ein gutgemeinter Film, aber einer, der letztlich nicht den Mut hat, dorthin vorzudringen, wo es weh tut.

Webseite: https://www.filmweltverleih.de/cinema/movie/abenteuer-eines-mathematikers

Adventures of a Mathematician
Deutschland / Polen / Großbritannien 2020
Regie + Buch: Thor Klein
Darsteller: Philippe Tlokinski, Esther Garrel, Sam Keeley

Länge: 102 Minuten
Verleih: Filmwelt Verleihagentur
Kinostart: 30. Juni 2022

FILMKRITIK:

Stan Ulam ist von Polen nach England gegangen. Der Zweite Weltkrieg ist im Gange und es zieht ihn in die USA, da er als exzellenter Mathematiker für das Manhattan Project angeworben wird. Zusammen mit Robert Oppenheimer und anderen arbeitet er an den Theorien, die zum Bau der Atombombe nötig sind. Dass sie eingesetzt würde, hält Stan für nicht möglich – bis Hiroshima und Nagasaki kommen. Der Tod von Hunderttausenden lastet schwer auf Stan, der im Krieg auch Familie verloren und zuhause Probleme hat. Aber als nächstes steht die Wasserstoffbombe an – und es ist ein Wettlauf mit den Russen, die ebenfalls an dieser Waffengattung arbeiten.

Der Film basiert auf der Autobiographie von Stan Ulam, sein Leben wird also recht authentisch gezeichnet. Was der Film allerdings nicht schafft, ist den Gemütszustand seiner Hauptfigur wirklich zu erfassen. Denn über platte Weisheiten á la „Die Atombombe ist böse“ kommt der Film da nicht hinaus. Dabei wäre es interessant, das Psychogramm eines Mannes zu erkunden, der an der Entwicklung der Atombombe beteiligt war, aber dann mit dem Ergebnis hadert. Suchen ihn die gesichtslosen Toten heim? Verändert es sein Leben auf profunde Art und Weise? Wie wirkt sich die Schuld auf sein Leben und sein Umfeld aus? All das wird halbgar gestreift, aber nie wirklich konkretisiert. Der Film lässt unheimlich viel Potenzial ungenutzt.

Dabei ist „Die Abenteuer eines Mathematikers“ sehr schön gefilmt. Der Film sieht klasse aus. Die Schauspieler sind auch toll, allen voran Philippe Tlokinski. Man traut ihm zu, dass er sehr viel tiefer in die Psyche seiner Figur hätte eindringen können. Aber Autor und Regisseur Thor Klein kratzt nur an der Oberfläche.

Er hat damit ein konventionelles Biopic abgeliefert – ob nun Atombombe oder was auch immer es sonst hätte sein können, ist eigentlich irrelevant. So kann man den etwas langsam erzählten Film durchaus mit mildem Interesse goutieren, nur richtig involviert wird man in diese Geschichte nie. Schade um das, was „Die Abenteuer eines Mathematikers“ hätte sein können.

 

Peter Osteried