Die Bilderkriegerin – Anja Niedringhaus

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Die Bilder der Kriegsfotografin Anja Niedringhaus prägten die Sicht auf zeitgenössische Kriege im ehemaligen Jugoslawien oder in Afghanistan maßgeblich mit. Im ZDF-Biopic „Die Bilderkriegerin“ wird die 2014 verstorbene Niedringhaus von Antje Traue („Ballon“) gespielt. Regisseur Roman Kuhn verbindet den Streifzug durch die Karriere der Ausnahmejournalistin mit dokumentarischen Montagen, die den Kern der Schilderung intensiv verdichten.

Website: salzgeber.de/bilderkriegerin

Deutschland 2022
Regie: Roman Kuhn
Drehbuch: Yury Winterberg, Roman Kuhn
Darsteller: Antje Traue, Michele Cuciuffo, Dulcie Smart, Franziska Hartmann, Meriam Abbas, Sahin Eryilmaz, Hadi Khanjanpour, Damir Avdic

Laufzeit: 91 Min.
Verleih: Edition Salzgeber
Kinostart: 26. Mai 2022

FILMKRITIK:

26-jährig geht die ambitionierte Fotografin Anja Niedringhaus (Antje Traue) nach Sarajewo, um der Presse-Agentur dpa Bilder aus dem Krieg zu liefern. Im Krisengebiet droht sie an ihren ambivalenten Gefühlen zu scheitern. Unterstützung kommt vom spanischen Reuters-Kollegen Sergio (Michele Cuciuffo), der Anja unterweist. In den Folgejahren berichtet Niedringhaus im Auftrag der „Associated Press“ aus Bagdad oder Kabul und arbeitet eng mit der AP-Journalistin Kathy Gannon (Dulcie Smart) zusammen. 2005 erhält sie einen Pulitzerpreis, 2014 fällt sie einem Anschlag zum Opfer.

„Krieg mitten in Europa, das ist unvorstellbar,“ kommentiert die von Antje Traue dargestellte Niedringhaus zu Beginn den Ausbruch der Balkankriege. Die damalige Zeitenwende markieren der Regisseur Roman Kuhn und sein Co-Autor Yury Winterberg als Initialzündung einer mutigen Karriere. Etwas generisch werfen die Filmemacher in den folgenden 90 Minuten Schlaglichter auf zentrale biographische Stationen. Manche Sätze klingen zu gedruckt, die Liaison mit dem „Love Interest“ Sergio wirkt angehängt. Die spannende Protagonistin und das zeitlose Thema halten das Interesse dennoch wach.

Die übersichtlich inszenierten Spielszenen mit Antje Traue als Niedringhaus legen den Fokus auf die Sache. Kuhn wechselt zwischen subjektiv gefilmter Spannung im Kriegsgeschehen und erklärenden Dialogen in Innenräumen, am Ende weitet die afghanische Landschaft den Blick. Letztlich sind es die dokumentarischen Einschübe, die dem eher konventionellen Film Dringlichkeit verleihen. Der Editor Clemens Hübner verdichtet Foto-Collagen, Reenactments und Archivmaterial zu mitreißenden Stimmungsbildern, rhythmisiert vom Klicken des Kameraauslösers. Immer wieder ragen die Dokumente in die Spielszenen, in kurzen Statements äußern sich Wegbegleiter.

Inhaltlich kreist das Biopic um die Ideale von Anja Niedringhaus und ihre ambivalente Rolle als Kriegsfotografin. „Ich fühl mich wie ein Voyeur,“ sagt sie einmal. Die Journalistin hadert damit, intimes Leid auf Foto zu bannen, muss es aber, wenn ihre Arbeit etwas ändern soll.

Christian Horn