Duft von Lavendel, Der

(Ladies in Lavender)
Regie: Charles Dance
Buch: Charles Dance, basierend auf eine Kurzgeschichte von William J. Locke
Kamera: Peter Biziou
Musik: Nigel Hess
Darsteller: Maggie Smith, Judi Dench, Daniel Brühl, Natascha McElhone, Miriam Margolyes, David Warner
Großbritannien 2005, 104, Minuten, Format: 1:1,85
Verleih: Concorde-Film
Kinostart: 6. Oktober

In seinem ersten größeren Versuch seine Karriere in internationale Bahnen zu lenken, spielt Daniel Brühl einen polnischen Geiger, der wie aus heiterem Himmel an die englische Küste gespült wird. Zwei ältere Damen, wunderbar verkörpert von Judi Dench und Maggie Smith, nehmen ihn bei sich auf und erleben einige aufregende Wochen, die verdrängte Emotionen an die Oberfläche befördern. Ein in jeder Hinsicht altmodischer Film, der in Phasen jedoch auf subtile Weise von Einsamkeit und Liebe erzählt.

England, 1936. Die Schwestern Ursula (Judi Dench) und Janet (Maggie Smith) leben abgeschieden vom Lauf der Welt in einem kleinen Haus, hoch über den Klippen Cornwalls. Viel passiert nicht in ihrem Leben, viel erwarten sie auch nicht mehr. Abends wird gestrickt und Radio gehört, tagsüber sorgt die rustikale aber herzliche Haushälterin Dorcas (Miriam Margolyes) für gute Laune, will der Garten gepflegt werden, ansonsten gibt das Leben wenig her. Doch dann sieht Ursula eines Morgens einen bewusstlosen Körper am Strand liegen. Kurzerhand verfrachten die Schwestern den Mann ins Gästezimmer und bemühen sich um Kontaktaufnahme. Wie sich herausstellt ist der Mann Pole, heißt Andrzej und ein hochtalentierter Geigenspieler. Wie er in diese Lage gekommen ist, wird man nicht erfahren, dass er Höheres anstrebt wird schnell klar, sein Aufenthalt bei den Schwestern wird nicht von Dauer sein. Denn wie der Zufall will, macht die attraktive Russin Olga Danilof (Natascha McElhone) gerade Urlaub in der Gegend. Und als Bruder des berühmten Geigers Boris Danilof erkennt sie Andrzejs Talent sofort. Ihre Annährungsversuche stoßen auf wenig Gegenliebe der Schwestern, die den jungen Mann gerne für sich behalten würden, sich letztlich aber dennoch nicht seiner Karriere in den Weg stellen.

Ein wenig Musikerdrama, etwas sozialer Realismus, eine angedeutete, unterdrückte Liebesgeschichte. Charles Dances Film will viel sein, ist aber letztlich weniger als seine Teile. In seiner Rolle als Musiker Andrzej bleibt Daniel Brühl unauffällig bis blass, so recht faszinieren will seine Figur nicht. Außer einem wagen Verlangen nach der Freiheit Amerikas, dem Wunsch Musik zu machen, treibt ihn wenig an. Er schätzt die beiden Damen, ist aber sofort bereit Hals über Kopf fort zu gehen, als sich die Gelegenheit bietet.

So bleibt es an Judi Dench und Maggie Smith dem Film zumindest in Phasen über die wenig originelle, altbacken inszenierte Geschichte zu heben. Vor allem Judi Denchs Ursula entwickelt sich dabei zur vielschichtigsten Figur des Films. Je länger Andrzej bei den Schwestern wohnt und allein mit seiner Anwesenheit viel frischen Wind in den festgefahrenen Alltag bringt, je melancholischer wird Ursula. Die Nähe zu einem jungen, attraktiven Mann erinnert sie schmerzhaft an die große Liebe, die sie, im Gegensatz zu ihrer Schwester, nie erlebt hat. Während Janet einst verheiratet war – ihr Mann fiel im Ersten Weltkrieg – und von der Erinnerung zehrt, spürt Ursula, was sie im Leben verpasst hat. Aus diesem Gefühl entwickelt der Film seine zärtlichsten, traurigsten Momente, in denen er zumindest für kurze Zeit eine Emotionalität erreicht, die ihm ansonsten fehlt.

Michael Meyns