Elise und das vergessene Weihnachtsfest

Zum Vergrößern klicken

Der 24. Dezember kündigt sich an, und keiner ist in Feiertagsstimmung! Undenkbar, möchte man meinen. Doch in Andrea Eckerboms Familienfilm „Elise und das vergessene Weihnachtsfest“ passiert genau dies. Ausgehend von einer herrlich skurrilen Grundidee entwickelt sich ein charmantes Wintermärchen mit einer pfiffigen jungen Heldin, das Besinnlichkeit verströmt, ohne in weihnachtlichem Kitsch zu versinken.

Website: http://capelight.de/elise-und-das-vergessene-weihnachtsfest

Originaltitel: „Snekker Andersen og den vesle bygda som glømte at det var jul“
Regisseurin: Andrea Eckerbom
Drehbuch: John Kåre Raake, Harald Rosenløw Eeg, Lars Gudmestad
Darsteller: Miriam Kolstad Strand, Christian Skolmen, Trond Espen Seim, Anders Baasmo Christiansen, Marie Blokhus, Jan Gunnar Røise u. a.
Länge: 70 Minuten
FSK: ab 0 Jahren
Verleih/Vertrieb: capelight pictures
Kinostart ganz neu: 11.11.2021

FILMKRITIK:

Während die Menschen im ganzen Land dem Fest der Liebe entgegenfiebern und letzte Besorgungen machen, läuft in einem kleinen norwegischen Dorf alles seinen gewohnten Gang. Für diesen merkwürdigen Umstand gibt es, wie uns ein Erzähler gleich zu Anfang erklärt, einen triftigen Grund. Die Bewohner dieses eigenwilligen Ortes sind schrecklich vergesslich und können sich noch nicht einmal an Weihnachten erinnern. Einzig Elise (Miriam Kolstad Strand), deren Nachname und deren genaues Alter der kollektiven Amnesie zum Opfer gefallen sind, spürt, dass etwas Besonderes in der Luft liegt, als sie am Morgen des 24. Dezembers erwacht.

Durch einen Hinweis ihrer Hausmaus entdeckt sie auf dem Dachboden einen Adventskalender aus Holz, den niemand in ihrer Umgebung als solchen zu identifizieren weiß. Von Neugier und ihrem unbestimmten Gefühl getrieben, möchte Elise dennoch herausfinden, was es mit dem unbekannten Kasten auf sich hat. Ihre Suche führt sie schließlich zur Adresse eines Tischlers, wo sie dessen Sohn Snekker Andersen (Trond Espen Seim) antrifft. Als er hört, dass weder das Mädchen noch die anderen Dörfler Weihnachten auf dem Schirm haben, bringt er Elise zu einem alten Baum, in dem kein Geringerer als der Weihnachtsmann (Anders Bassmo Christiansen) wohnt.

Seims Snekker Andersen und der von Christiansen gespielte Julenissen, wie der Nikolaus in Norwegen genannt wird, traten bereits im Film „Plötzlich Santa“ in Erscheinung, der auf einer Kindergeschichte des Schriftstellers Alf Prøysen basiert. Auch „Elise und das vergessene Weihnachtsfest“ geht auf eine Erzählung des in seiner Heimat berühmten Autors zurück, ist allerdings keine Fortsetzung im engeren Sinne, sondern ein Werk, das auf eigenen Beinen steht. „Plötzlich Santa“ muss man nicht gesehen haben, um Elises Abenteuer auskosten zu können.

Ihre erste Regiearbeit eröffnet Andrea Eckerbom mit einer liebevoll gestalteten Animationssequenz, die den Charakter eines Bilderbuchs hat und dem Geschehen gleich einen verspielt-sympathischen Anstrich verleiht. Erst danach beginnt der Realfilmteil, der uns tiefer in das Dorf eintauchen lässt, das aus einigen im Kreis angeordneten Häusern besteht und von einer malerischen Winterlandschaft umgeben ist. Die Uhren gehen hier definitiv anders. Daran lassen die amüsanten Begebenheiten keinen Zweifel, die das Ausmaß der Vergesslichkeit in den ersten Minuten pointiert beschreiben. Elises Vater (Christian Skolmen) beispielsweise zieht trotz der Kälte häufig kurze Hosen an. Und zuverlässig stürzt jeden Morgen ein anderer Einheimischer aus dem Fenster des ersten Stocks, weil er glaubt, einen Balkon zu haben.

„Elise und das vergessene Weihnachtsfest“ nutzt seine schräge Prämisse für Slapstick und Situationskomik, dargebracht in kindgerechter Form. Die von Miriam Kolstad Strand lebhaft gespielte Titelheldin zeichnet sich durch eine ansteckende Wissbegierde aus und gibt sich mit der Unwissenheit ihrer Umwelt nicht zufrieden. Der schon früh aufscheinende märchenhafte Anstrich bricht spätestens dann vollständig durch, wenn sie das Auto des Postboten kapert und damit allein zu Snekker Andersen fährt. Glaubwürdigkeit wird hier nicht großgeschrieben. Wichtiger ist der herzerwärmende Zauber, den ihre Reise verströmt.

Eine vielschichtige Handlung sollte man angesichts der recht überschaubaren Laufzeit von gerade einmal 70 Minuten nicht erwarten. Eckerboms Regiedebüt punktet allerdings mit einer nie langweiligen Story, die von weihnachtlichem Konsumrausch bewusst Abstand nimmt. Im Zentrum steht, besonders gegen Ende, das Gefühl der Gemeinschaft. Was in der Wirklichkeit des kraftraubenden Corona-Jahres 2020 nicht unbeschwert möglich sein wird/konnte, lässt sich zumindest im Film beschwören.

Christopher Diekhaus