Fuchs im Bau

Zum Vergrößern klicken

Mit einer Gefängnisschule im Jugendtrakt lotet der Autor und Regisseur Arman T. Riahi („Die Migrantigen“) einen weithin unbekannten Handlungsort aus. Schon der dokumentarisch wirkende, sehr spannungsreiche und filmisch reife Blick auf das originelle Sujet zeichnet „Fuchs im Bau“ als sehenswertes Kinowerk aus. Völlig zu Recht wurde das mit Aleksandar Petrović („Wilde Maus“) und Maria Hofstätter („Paradies: Hoffnung“) glänzend besetzte Sozialdrama 2021 vielfach prämiert, unter anderem beim Filmfestival Max Ophüls Preis und mit dem Deutschen Schauspielpreis für Hofstätter.

Website: www.rendezvous-filmverleih.de

Österreich 2021
Regie & Drehbuch: Arman T. Riahi
Darsteller: Aleksandar Petrović, Maria Hofstätter, Luna Jordan, Sibel Kekilli, Andreas Lust
Laufzeit: 103 Min.

Verleih: Rendezvous Filmverleih
Kinostart: 19. Mai 2022

FILMKRITIK:

Hannes Fuchs (Aleksandar Petrović) heißt der neue Lehrer an der Gefängnisschule einer Wiener Haftanstalt. Eingearbeitet wird der Pädagoge von seiner Vorgängerin Elisabeth Berger (Maria Hofstätter), die mit unkonventionellen Mitteln wie freiem Kunstunterricht arbeitet. Berger und bald auch Fuchs gehen individuell auf die Jugendhäftlinge und deren Vorbelastungen ein. Ein besonders herausfordernder Fall ist die verschlossene Insassin Samira (Luna Jordan).

„Willkommen im Strafvollzug“ begrüßt das Wachpersonal Fuchs an seinem neuen Arbeitsort. Der Eintritt erfolgt via Personendurchsuchung und Besucherkarte, drinnen geht der triste Gefängnisalltag zwischen Rundgängen im Hof, Fernsehen und dem Haftunterricht bei Berger und Fuchs vonstatten. Arman T. Riahi nutzt das ungewöhnliche Setting als Rahmen für eine packende Milieuschilderung, die mit ihrer Unmittelbarkeit sehr authentisch bis dokumentarisch wirkt. Intensiv wird das Sozialdrama auch durch die Darbietungen von Aleksandar Petrović und Maria Hofstätter sowie Sibel Kekilli („Die Fremde“) in einer Nebenrolle als engagierte Jugendgerichtshilfe. Im dramaturgischen Zentrum steht Fuchs, dessen Motivation und Vergangenheit sich nach und nach aufklären.

Der Kameramann Mario Minichmayr beobachtet und umkreist die Figuren aus der Hand, schwenkt, fängt karge Flure und Räumlichkeiten in körnigem Graublau ein. Atmosphärisch passend spielt „Fuchs im Bau“ fast durchweg im Halbdunkel. Auch die raren Szenen außerhalb der Gefängnismauern zeigen schummrige Bars, Wohnungen, Proberäume. Die ausgezeichnete Montage von Karina Ressler („Little Joe“) und Joana Scrinzi („Große Freiheit“) verdichtet die Eindrücke zur spannenden Charakterstudie.

Ein Stein im Brett sind die lebendigen Szenen im Unterrichtsraum. Diese wurden lang geprobt und chronologisch gedreht, als Motiv diente ein stillgelegtes Gefängnis samt Zellen. Außerdem erhielt jede Figur eine Background-Story zur Orientierung für das Ensemble. Die Herangehensweise geht auf: Die Takes im Klassenzimmer reißen mit, das dort spielende Finale ist ein echtes Kabinettstück. Stark!

Christian Horn