Geisha, Die

Memoirs of a Geisha
USA 2005
Regie: Rob Marshall
Romanvorlage: Arthur Golden
Darsteller: Ziyi Zhang, Ken Watanabe, Michelle Yeoh, Koji Yakusho, Youki Kudoh, Kaori Momoi, Gong Li
Länge: 145 Min.
Verleih: Columbia/Warner
Kinostart: 19.1.2006
www.diegeisha.de

Ursprünglich wollte Steven Spielberg die Regie übernehmen, doch dann zog er es vor, als Produzent im Hintergrund zu bleiben. Rob Marshall („Chicago“) tat ihm den Gefallen und verfilmte den Bestseller von Arthur Golden mit erstaunlicher Präzision. Dennoch wirken diese 145 Minuten eher kühl, denn eine spannende Geschichte vermag auch der Regisseur nicht zu erzählen.

Mit nur einem Roman schaffte es Schriftsteller Arthur Golden in die Herzen seiner, vornehmlich weiblichen, Leserschaft. Dabei hatte er zunächst vor, ein Sachbuch zu schreiben, aber kritische Freunde meinten, sein umfangreiches Werk von etwa achthundert Seiten sei schwer lesbar und damit langweilig. Dann hatte Golden eine geniale Idee: Er verfasste sein Buch aus der Sicht der Geisha Sayuri, die ihre Lebensgeschichte im Alter selbst erzählt. Regisseur Rob Marshall zeigt sie nun auf der Leinwand.

Neun Jahre ist das Mädchen jung, als ihr bitterarmer Vater sie an ein Geisha-Haus verkauft. Dort soll die Kleine ausgebildet werden. Es ist die Chance für einen sozialen Aufstieg, denn der traditionsreiche Beruf ist hoch angesehen. Dort muss sie zunächst als Dienstmädchen arbeiten und wird von allen Mitbewohnern des Hauses schikaniert.

Marshall zeigt präzise und detailreich den Geisha-Alltag: Langwierig und teuer ist die Ausbildung, vielfältig die Lernfächer. Tanz, Gesang, das Spiel auf der Shamisen, dem traditionellen Musikinstrument, müssen gelernt werden. Daneben die Kunst der Konversation und des richtigen Auftretens mit Kimono, Perücke und Maske. Alles streng formalisiert: die Geisha-Welt ist präzisen Regeln unterworfen. Die Lehr- und Wanderjahre einer Geisha von der Pike auf bis zur erfolgreichen und wohl situierten Geschäftsfrau sind der Stoff, aus dem Arthur Golden zwar einen spannenden und ungemein informativen Roman gemacht hat, die der Filmversion jedoch um Längen überlegen ist.

Marshall versteht sich gut darauf, seine exakte und eifrige Recherche für die Geisha-Kultur in formvollendete Bilder zu verpacken. Ziyi Zhang („Tiger & Dragon“, „House of Flying Daggers“) wirkt so kostbar und zärtlich-zerbrechlich, da mögen hunderte Ming-Vasen zerbersten, so anmutend ist ihre Verletzlichkeit, so strahlend blau ihre Kontaktlinsen. Doch der Mann (Ken Watanabe) den sie verehrt, missachtet sie fast ein ganzes Leben, außerdem könnte er ihr Vater sein. Das soll wahre Liebe sein?

Das hat sich Rob Marshall wohl auch gedacht, anders ist nicht zu erklären, warum seine Version der Liebesgeschichte arg nach unschön zusammengebastelter Schmonzette aussieht. Damit ist „Die Geisha“ lediglich ein berauschender Kostümfilm, nicht mehr und nicht weniger. Hollywoods Eindimensionalität, in diesem Fall die von Produzent Steven Spielberg, ist es zu schulden, dass eine Auswahl der besten Ensemble-Schauspieler aus Fernost sich (in der Originalversion) mit einem englischsprachigen Text abmühen, der ihrem eigentlich eindringlichen Spiel jegliche Authentizität raubt. Hiermit sei deshalb ausdrücklich die synchronisierte Fassung empfohlen! Doch egal in welcher Sprache man sich mit Rob Marshalls „Geisha“ anfreunden will, der alte Grundsatz bleibt bestehen: Die Verfilmung von Romanvorlagen ist ein scharfes Schwert.

David Siems