Immortel (ad vitam)

Frankreich, Italien, Großbritannien 2005
Regie: Enki Bilal
Buch: Enki Bilal, Serge Lehman nach den Comics von Bilal
Kamera: Pascal Gennesseaux
Schnitt: Véronique Parnet
Darsteller: Linda Hardy (Jill Bioskop), Thomas Kretschmann (Alexander Nikopol), Charlotte Rampling (Elma Turner), Frédéric Pierrot (John), Thomas M. Pollard (Horus)
102 Minuten, 35 mm, Farbe
Verleih: Tiberius Film
Filmstart: 26. Mai 2005

Mit „Immortel (ad vitam)“ hat Enki Bilal seine Nikopol-Comics für einen aufwändigen Science-Fiction-Film adaptiert. Der ägyptische Gott Horus will darin verhindern, dass er seine Unsterblichkeit verliert, indem er Jill Bioskop, eine Mischung aus Mensch und Mutant schwängert. Der futuristische Kosmos im New York des Jahres 2095, der offensichtlich von Werken wie „Blade Runner“ und „Das fünfte Element“ inspiriert wurde, ist mit nur wenigen menschlichen Darstellern (darunter Charlotte Rampling) komplett digital erschaffen worden. Zwar profitiert die Mischung aus Realfilm und Computeranimation dabei von der bis ins kleinste Detail durchdesignten, opulenten Optik. Doch auch die kann in Bilals artifiziellem Sci-Fi-Märchen nicht über die dünne Geschichte und die eindimensionalen Figuren hinweg täuschen. 

Die Comics hat er einst selbst gezeichnet, jetzt hat der Comic-Künstler Enki Bilal nach zwei Realfilmen jetzt aus seiner Nikopol-Reihe eine dunkel futuristische Filmversion kreiert. „Immortel (ad vitam)“ führt in das New York der Zukunft, ein unübersichtliches, urbanes Moloch im Jahr 2095. Dort erscheint eines Tages eine schwebende Pyramide über dem Central Park, in der sich ägyptische Gott Horus mit Menschenkörper und Adlerkopf befindet. Er soll aus der Göttergemeinschaft ausgeschlossen werden, darf aber vor Auflösung seiner Unsterblichkeit noch einmal für sieben Tage auf die Erde. Dort sucht sich Horus in der New Yorker Metropole einen Wirtskörper und wird in dem schwer verletzten, einstigen politischen Dissidenten Nikopol (Thomas Kretschmann) fündig. In dessen Gestalt macht er sich auf die Suche nach Jill Bioskop (Linda Hardy), einer seltsamen Mischung aus Mensch und Mutantin mit blauen Haaren, die der Ärztin Elma Turner (Charlotte Rampling) als Versuchsobjekt dient. Jill muss er schwängern, um doch noch der Sterblichkeit zu entgehen. 

Für „Immortel (ad vitam)“, dem für einen europäischen Sci-Fi-Film ein beachtliches Budget von mehr als 22 Millionen Euro zur Verfügung stand, realisierte Bilal mit einer interessanten Besetzung: Denn neben den vielen künstlich geschaffenen Wesen hat es Charlotte Rampling hier in ein für sie ungewöhnliches Genres verschlagen. An ihrer Seite gibt zudem der deutsche Schauspieler Thomas Kretschmann den Nikopol, der nach seinem Auftritt in Roman Polanskis Holocaust-Drama „Der Pianist“ erneut in einer internationalen Produktion zu sehen ist. Allerdings bleiben die Darsteller in diesem artifiziellen Zukunftskosmos enttäuschend blass, denn wie so oft bei Comic-Adaptionen liegen auch bei „Immortal“ die Stärken im visuellen, detailversessenen Einfallsreichtum und in den hervorragenden Spezialeffekten.

Wie kürzlich auch „Sky Captain and the World of Tomorrow“ ist auch Bilals Mischung aus Realfilm und Computeranimation weitestgehend im Computer entstanden. Die tiefen Straßenschluchten des metropolisch futuristischen New York sind ebenso digital designt wie viele der Mutanten und Aliens, die die Stadt bevölkern. Dabei hat Ridley Scotts düstere Zukunftsvision „Blade Runner“ für den „Immortel“-Kosmos ebenso unverkennbar als Inspirationsquelle gedient wie Luc Bessons Space-Abenteuer „Das fünfte Element“.

Die Größe dieser Vorbilder hat Bilals Film jedoch kaum. Dazu wabert die dünne Geschichte ohne nennenswerten Spannungsbogen über 102 Minuten zu lange einfach nur dahin, sind die Dialoge nicht zuletzt durch ihre konsequent schwere Ernsthaftigkeit zu unfreiwillig komisch und bleiben die Figuren zu uninteressant eindimensional. „Immortal“ geriet Bilal so zur unterkühlten Übung in optisch eindrucksvoller, durchgestylter, aber wohl auch bewusst distanzierter Künstlichkeit.

Sascha Rettig