Indemnity

Zum Vergrößern klicken

Will man „Indemnity“ prägnant zusammenfassen, dann wohl am besten so: „Auf der Flucht“ in Südafrika mit kleinem Science-Fiction-Twist. Andrew Davis‘ eine bekannte Fernsehserie neu aufleben lassender Actionthriller von 1993, in dem Harrison Ford einen fälschlicherweise des Mordes beschuldigten Arzt verkörpert, scheint Travis Taute als Inspirationsquelle für sein Spielfilmdebüt gedient zu haben. Auch bei ihm findet sich ein Mann nach dem gewaltsamen Tod seiner Ehefrau urplötzlich im Fadenkreuz wieder und ist gezwungen, die Wahrheit auf eigene Faust ans Licht zu bringen. Garniert ist der südafrikanische Spannungsstreifen zudem mit einer futuristischen Note und politischen Überlegungen, die sich am Ende aber leider als enttäuschend diffus entpuppen.

Webseite: https://meteor-film.com/indemnity/

Regisseur: Travis Taute
Drehbuch: Travis Taute
Darsteller: Jarrid Geduld, Gail Mabalane, Andre Jacobs, Nicole Fortuin, Hannes van Wyk, Susan Danford, Hlomla Dandala u. a.
Länge: 124 Minuten

FSK: ab 16 Jahren
Verleih/Vertrieb: Meteor Film/Drop-out Cinema
Kinostart: 01.09.2022

FILMKRITIK:

Schon der Einstieg zeigt, dass der an der Netflix-Serie „Blood & Water“ beteiligte Regisseur weiß, wie man das Publikum in das Geschehen saugt. Zusammen mit einigen Feuerwehrleuten taucht die den Figuren dicht auf die Pelle rückende Kamera in ein brennendes Gebäude ein. Mit Händen greifbar ist nicht nur die Aufregung der Männer. Auch die Hitze der wild umherzuckenden Flammen meint man fast zu spüren. Für zwei der Retter gibt es, so erfahren wir alsbald, aus dieser Hölle kein Entkommen. Die ganze Episode entpuppt sich schließlich als wiederkehrender Albtraum des Protagonisten Theo Abrams (Jarrid Geduld), der seit dem verheerenden Einsatz unter einer posttraumatischen Belastungsstörung leidet.

Obwohl er psychisch noch nicht in der Lage ist, zu arbeiten, und sich den therapeutischen Hilfsangeboten größtenteils verweigert hat, will er in den Dienst zurückkehren. Sein Vorgesetzter sieht das allerdings, wenig verwunderlich, anders und schickt ihn umgehend wieder nach Hause. Eben dort wartet kurz darauf eine böse Überraschung auf Theo. Am nächsten Morgen liegt nämlich seine Gattin Angela (Nicole Fortuin), eine bekannte Journalistin, der jüngst brisante Informationen über ihren Mann zugespielt wurden, tot im Bett. Da alle Spuren auf ihn als Täter hindeuten, nimmt die erstaunlich schnell eintreffende Polizei den fassungslosen Feuerwehrmann fest. Von seinem Sohn getrennt, soll Theo zum Revier gebracht werden. Unterwegs kommt es jedoch zu einem Zwischenfall, der ihm die Flucht ermöglicht. Fortan sitzen ihm nicht nur die Ermittler Rene Williamson (Gail Mabalane) und Alan Shard (Andre Jacobs) im Nacken. Zu tun bekommt es Theo auch mit brutalen Angreifern, die ihn offenbar um jeden Preis töten sollen.

Zu den Stärken von „Indemnity“ gehört zweifellos die ungemein physische Darbietung des Hauptdarstellers. Jarrid Geduld mag in ruhigeren Szenen nicht immer die notwendigen Nuancen treffen. Theos Desorientierung und Getriebenheit bringt er aber mit der erforderlichen Intensität zum Ausdruck. Dass das stets präsente, durch Erinnerungen in die Handlung einbrechende Trauma etwas holzschnittartig wirkt, ist nicht die Schuld des Schauspielers, sondern eines insgesamt grob gestrickten Drehbuchs aus der Feder des Regisseurs. Genau hier liegt das größte Problem des Films, der trotz einiger wahrlich aufregender, mit fähiger Hand inszenierter Actioneinlagen nur mittelprächtig zu unterhalten weiß.

Die Nebenfiguren, selbst die ein bisschen stärker in den Fokus rückende Rene Williamson, wirken skizzenhaft. Der in höchste Regierungskreise führenden Verschwörung, der Theo nach und nach auf die Spur kommt, fehlt es an wirklich raffinierten Wendungen. Und die politischen Dimensionen der Geschichte – die Freiheit Afrikas und der Kampf gegen den Kolonialismus werden stichwortartig in den Raum geworfen – bleiben viel zu vage, um „Indemnity“ eine individuelle Note zu verleihen. Wenig hilfreich sind außerdem die sich schon früh summierenden Unglaubwürdigkeiten während der Flucht. Mit der Logik sollte man es gemäß Thriller-Meister Alfred Hitchcock natürlich nie zu genau nehmen. Wenn sich jedoch die Brüche derart häufen wie in Tautes Paranoia-Reißer, kann es schnell passieren, dass man aus der filmischen Illusion herausgerissen wird. Nicht nur Theo trifft einige höchst seltsame Entscheidungen. Auch seine Verfolger verhalten sich mehrmals unglaublich dilettantisch und geben dem Protagonisten dadurch erst die Chance, seine gehetzte Suche nach der Wahrheit fortzusetzen. Der Spannung sind diese Nachlässigkeiten keineswegs zuträglich.

 

Christopher Diekhaus